Botanik mit Cristóbal
Am 6. Januar 2008 fand wieder die jährliche Excursion mit Cristóbal zu dessen Lieblingsplätzen statt. Dieser Ausflug wurde vom Kulturkreis Teneriffa Süd unter der Leitung von Frau Dr. Zimmermann organisiert.
Allgemeines Treffen war in El Porís de Abona angesagt.
Die 21 Teilnehmer aus dem Süden von Teneriffa werden bereits auf den ersten Schritten von Cristóbal auf die diversen salzliebenden Pflanzgemeinschaften, die Halophyten, aufmerksam gemacht.
Typische Arten sind die Nymphendolde, der Kammförmige Strandflieder und Desfontaines Jochblatt. Auch manche Wolfsmilchgewächse, wie die Balsam-Wolfsmilch, kommen in dieser Zone des Spritzwasserbereichs vor.
Die Vielzahl von Pflanzen, die uns Cristóbal zeigt und bespricht, ist hier gar nicht wiederzugeben, so dass ich mich auf einige wenige beschränken werde.
Die Nymphendolde, Astydamia latifolia, auch Meeressalat genannt, ist die erste, die wir in Augenschein nehmen. Man kann die Blätter, die jeden Winter neu aus der verdickten Wurzel austreiben, sogar in Salaten essen, und es wird ihnen eine magenberuhigende Wirkung nachgesagt.
Cristóbal führt aus, dass der Deutsche Volker Vogelreiter, der Ende der 60er Jahre seine Doktorarbeit hier auf der Insel über die Dachwurz geschrieben hat, den Inselgürtel in Bezirke von je 5 x 5, also 25 qkm eingeteilt hat, um so das Vorkommen der 10 salzliebenden Pflanzenarten bestimmen zu können.
Im Süden finden wir diese 10 Arten in El Porís de Abona und ebenso in Médano. An der Küste von Santa Cruz findet sich jedoch nur 1 Art.
Die nächste Pflanze, der wir uns zuwenden, ist die Meerestraube. Das Desfontaines-Jochblatt, Zygophyllum fontanesii, von den Einheimischen „Uvilla de mar“ genannt. Sie gehört zu den Jochblattgewächsen, sie ist eine heimische Pflanze und hat die Fähigkeit Wasser zu speichern. Wir finden sie auch an der afrikanischen Küste und auf den Cap-Verdischen-Inseln.
Der anderen Pflanze, die auch unter dem Volksnamen „Meerestraube“ rangiert, begegnen wir viel an den Promenaden und hat mit dieser hier nichts zu tun. Bei ihr handelt es sich um ein Knöterichgewächs und es ist ein kleiner immergrüner Baum mit auffällig geflecktem Stamm. Seine hängenden, kleinen, langen Trauben, die kugeligen, bis birnförmigen, etwa 1 cm großen purpurnen Früchte, sind eßbar.
Diese Pflanze kommt aus der Karibik.
Zwischen niedrigen Büschen der Balsam-Wolfsmilch (Euphorbia balsamifera), auch „Tabaiba dulce“ genannt, die sich vor dem Wind ducken und wie Bonsai-Pflanzen wirken, dem nicht duftenden salzverträglichen Thymian und den vielen Büschen der Seidenhaarigen Schizogyne, dem wurmförmigen Salzkraut, sowie den kleinen Polstern des Strandflieders, wandern wir bis zum Leuchtturm von Porís de Abona.
Eine wild-zerklüftete Küste begeistert uns, leider ist sie zum Teil mit Abfall zugemüllt.
Nach dem kleinen Spaziergang gehen wir zu den Autos zurück und fahren nun hoch über Arico Viejo Richtung La Sabinita.
Hier will uns Cristóbal – wie der Name des Ortes schon sagt –Wacholderbäume zeigen, die im Süden der Insel eine Rarität sind.
Beim Ausstieg aus den Wagen schlägt uns bereits der kräftige Duft des hier in Massen vorkommenden Wermuts entgegen.
Der Asphaltklee, Hornklee, die glattblättrige Hörnerranke, der falsche Jasmin, die breit- und fein-blättrigen Büsche der rosa- bzw. weiß-blühenden Zistrose und und und begleiten den schmalen Pfad.
Gelächter ruft die humorvoll von Cristóbal vorgetragene Vorstellung einer Pflanze aus der Gattung der Rötegewächse hervor: „klebrige Blonde“, Rubia fruticosa “Strauchiger Krapp“. Es ist eine endemische Pflanze der Kanaren und Madeira.
Hübsch ist die Weidenblättrige Kugelblume (Globularia salicina) mit ihren blauen Blüten, die so samtig-plüschig wie die der Mimosen sind.
Noch eine Biegung und nun fällt unser Blick auf die kleinen Bäume oder Sträucher des Kanaren-Wacholder (Juniperus turbinata) „Sabina“.
Berühmt sind die für El Hierro typischen Windformen. Mit denen ist hier nicht aufzuwarten. Jedoch, die dunkelgrünen Pflanzen heben sich gut von den Felsen des Barrancos ab. Auch hierbei handelt es sich wiederum um eine endemische Pflanze. (Juniperus turbinata ssp. caraniensis ist eine endemische Unterart.)
Nach diesem kleinen Ausflug fahren wir runter nach Arico und kehren im Restaurant „Bar Arbelo“ in der Calle La Degollada Nr. 1 ein. Hier hat Cristóbal fürsorglich ein ausgiebiges – äußerst schmackhaft zubereitetes – Essen bestellt.
Nun trennte sich die Gruppe. Einige nehmen den Heimweg und die, denen noch nach Wandern zu Mute ist, fahren nochmal hoch Richtung Sabinita. Bei der Calle La Degollada Nummer 76 parken wir, wandern an den Häusern vorbei, unter einer Weinpergola her, um dann in den Barranco La Vera einzusteigen.
Cristóbal klärt uns auf, dass sich auf den Kanaren die Dickblattgewächse (Crassulaceae) – Dachwurz – mit den 8 kanarisch- endemischen Monanthes-Arten, den 10 Arten der „Mäuseohren“ „orejas de ratón“ (Aichryson) und der artenreichsten Gattung Aeonium mit 65 Endemiten außerordentlich reich entwickeln konnten und einen typischen Bestandteil der Flora bilden. Nach der Gen-Forschung konnte man beweisen, dass sie von einer Art „Mauerpfeffer“ Sedum stammen.
Fast alle sind inselspezifisch und manche wegen ihrer kleinräumigen Verbreitung extrem gefährdet. Alle stehen unter internationalem Artenschutz.
Wir haben das Glück, unter Anleitung von Cristóbal, an einigen Stellen alle drei Grundarten gemeinsam finden zu können.
Zum Teil sind sie begleitet von hübschen Farnen sowie dem grazilen “Gezähnter Moosfarn“ (Selaginella denticulata).
Insgesamt gibt es auf dern Kanarischen Inseln 538 endemische Pflanzen. 270 von ihnen stammen von 17 Mutterarten (Mutterpflanzen) ab.
Auf den Kanaren gibt es 2100 wilde Pflanzenarten. Davon sind 600 eingeführt; also sind 1500 einheimisch und von diesen gelten 538 als endemisch für die Kanaren. Einige Pflanzenarten, die die Kanarischen Inseln erreicht haben, waren von der Genetik her sehr plastisch und haben eine riesige Vielfalt entwickelt. Andere waren sehr stabil und haben sich kaum geändert.
Hoch oben sehen wir die weissen Blüten der Kanaren-Trichternarzisse (Pancratium canariense), im Volksmund „Jungfrauentränen“ hervorblitzen. Nach dem ersten Regen im Herbst ist dies die erste – erst blattlose – Pflanze, die zu blühen beginnt. Sie lockt so die Insekten für die Bestäubung an. Auch hierbei handelt es sich um einen Kanaren-Endemiten.
Das Bachbett wird gesäumt von vielen Pflänzchen der Cinerarien, die leider noch nicht blühen.
Zwei Stunden dauert unser Ausflug in einer wunderschönen Landschaft, die nicht nur mit einmaligen Pflanzen sondern auch mit grandiosen Felsformationen aufwarten kann.
Dies war wieder ein besonderer Tag mit vielen neuen Eindrücken, wobei ich lediglich einen kleinen Ausschnitt der gezeigten und erklärten Pflanzen geben kann.
Wir freuen uns schon auf den nächsten Ausflug im Jahre 2009 mit Cristóbal.
Zur Person:
Cristóbal Coviella Ulrich wurde als Biologe-Botaniker an der Universität La Laguna ausgebildet, arbeitete für die Inselregierung im Naturschutz, gab Kurse über Gärtnerei und Gartenbau mit einheimischen sowie auch mit tropischen und subtropischen Pflanzen.
Er macht Gartenführungen im „Botanischen Garten“ von Puerto de la Cruz, zudem Führungen unter dem Motto „Botanische Kontraste“, Botanik im Süden“ „Botanik im Norden“.
Er ist unter der Telefon-Nummer 607 677 252 zu erreichen.
Zudem spricht er hervorragend deutsch, ist charmant, liebenswürdig und hat ein unerschöpfliches Wissen über die Pflanzenwelt Teneriffas.