Samstag, 5. September 2009
10.15 Uhr verließen wir das Hotel.
Über die Ramblas schlenderten wir als erstes zur Markthalle. Wir haben ja schon etliche Markthallen gesehen, aber so ein pralles, farbenfrohes Angebot noch nie. Wir kamen aus dem Staunen nicht heraus. Wunderschön
dekoriert, von Nüssen über Süßigkeiten, natürlich Obst und Gemüse, Käse, Würste, Schinken, Fleisch, Innereien, Fische, Muscheln, Schalentiere, das kann man gar nicht aufzählen. Überall kleine Inseln für Imbisse. Alles, auch morgens, schon voll besetzt.
Nachdem wir uns sattgesehen hatten, überquerten wir die Ramblas und gelangten über die Calle Portaferrissa – wo man rechts ein Mosaikbild betrachten kann, das darstellt, wie früher die Straße durch ein Eisentor (was der Name ja aussagt) abgeschlossen wurde – zur gotischen Kirche Santa Maria del Pi. Das Innere erschloss sich uns nun nicht, da es durch Gerüste verstellt ist. Vor der Kirche befindet sich ein hübscher Bildermarkt und ein Biomarkt, der erst seine Stände beschickte.
Nächste Anlaufstation war die Kathedrale. Wir vermuteten, morgen, am Sonntag, sind Messen und man kann die Kirche nicht besichtigen.
Die Catedral de Barcelona ist das Herzstück des Gotischen Viertels. Sie wurde auf den Grundmauern einer frühchristlichen Kirche in den Jahren 1298 – 1430 errichtet. In dieser Zeit erhielt die Kathedrale ihr gotisches Kirchenschiff. Die Fassade mit dem mächtigen Hauptportal wurde erst 1898 fertig gestellt. Der Chor liegt mitten im Hauptschiff, eine spanische Eigenart im Kirchenbau, die darauf verweist, dass die Gotteshäuser nicht nur für liturgische Zwecke genutzt wurden. Vielmehr nahmen auch weltliche Herrscher sie gerne als Versammlungsorte in Anspruch.
Ich ging gegen den Uhrzeigersinn an den verschiedenen Seitenkapellen vorbei und entdeckte eine, die der Heiligen Pilar gewidmet ist. Davon machte ich eine Aufnahme, um sie unserer “Eierfrau” in Chayofa zu zeigen.
Ebenfalls entdeckte ich eine Kapelle mit einer Kopie der schwarzen Madonna von Montserrat.
Viel Gold wurde in den Kapellen verwendet.
Mit Hilfe des Stadtplans und den guten Hinweisschildern fanden wir zum Picasso-Museum.
Wir waren früh genug dort, so dass sich die Warteschlange noch in Grenzen hielt, denn es ist das meistbesuchte Museum Barcelonas. Mit 7 Euro Eintritt pro Kopf – diesmal war unser Status “pensionista” verbilligend, nicht die Barcelona-Card – waren wir dabei.
Gut 1 ½ Stunden Aufenthalt.
Das Museum befindet sich in 4 ehemaligen hochherrschaftlichen Bürgerpalästen, die inzwischen in einander übergehen.
Picassos Jugendfreund und späterer persönlicher Sekretär seit 1935, Jaume Sabartés, war der Impulsgeber für dieses Museum, der seine eigenen Picasso-Werke einbrachte. Es ist das erste Picasso-Museum der Welt und das einzige, das zu Lebzeiten des Künstlers geschaffen wurde.
Es wurde 1963 eröffnet. Picasso selbst schenkte dem Museum sein gesamtes Frühwerk. Dazu zählen mehr als 200 Ölgemälde, knapp 700 Zeichnungen, Pastelle und Aquarelle auf Papier sowie 826 Seiten mit Zeichnungen in Skizzenbüchern.
Das großzügige Geschenk, das zum größten Teil im Museum präsentiert wird, umfasst also wirklich sehr viele Arbeiten des Künstlers, der seine Kindheits- und Jugendjahre in Barcelona verbracht hat.
Wir standen staunend vor seinen Frühwerken: Das Porträt seiner Mutter, seines Vaters, seiner Tante Pia.
Raum für Raum war einer anderen Schaffensperiode gewidmet, von der blauen, zur rosa Epoche, die Zeit als er den russischen Zirkus begleitete und Olga, seine spätere Frau kennenlernte.
Einen breiten Raum nahmen seine Keramiken ein und ein Video zeigt auf, wie er das Bild “las Meninas” von Velázquez in den Kubismus umsetzte.
Ein Museum, das uns von dem Gebäude, der Präsentation und den Werken Picassos begeisterte und uns den nötigen Respekte für seine Werke abverlangte.
Nach dem Museumsbesuch ließen wir uns rein gefühlsmäßig Richtung Meer treiben. Guckten in schöne Innenhöfe, besonders den des Textil-und Bekleidungs-Museums.
Plötzlich und unerwartet standen wir im Stadtteil Ribera vor der Kirche Santa Maria del Mar.
Die gotische Kirche Santa María del Mar, Mittelpunkt des Ribera-Viertels, ist ein Werk des Baumeister Berenguer de Montagu und Ramón Despuig und wurde in der beeindruckend kurzen Zeit von nur fünfundfünzig Jahren erbaut.
Bereits am 15. August 1384 war die schmucklose, schlanke, lichtdurchflutete Kirche fertiggestellt. Die einzigartige Weite des Raumes und die harmonischen Proportionen machen aus ihr eines der vollkommensten Beispiel der katalanischen Gotik. Ermöglicht wurde der Bau durch die selbstlose Mitarbeit vieler Bewohner des Ribera-Viertels. Hier ist insbesondere die Zunkft der „Bastaixos“ zu nennen, der Lastenträger des Barceloneser Hafens, die auf ihren Schultern die Steine vom Montjuic zur Baustelle schleppten. Die Zunft hatte strenge Aufnahme- und Verhaltensregeln für ihre Mitglieder, die zahlreiche Privilegien in der Kirche Santa María del Mar besaßen und an vielen Stellen der Kathedral des Meeres dargestellt sind.“
Soweit der Auszug aus dem interessanten, spanneden, mitreißenden Buch „Die Kathedrale des Meeres“ von Ildefonso Falcones.
Wir konnten die Kirche nicht groß besichtigen, da gerade eine Trauung stattfand. Aufgrund der architektonischen Reinheit ihrer Linien und der Harmonie ihrer Proportionen gilt sie als Meisterwerk der katalanischen Gotik. Im Fremdenführer kann man lesen, dass ein Besuch besonders lohnt, wenn die letzten Sonnenstrahlen durch die große Buntglas-Rosette in die Kirche einfallen.
Durch Zufall kamen wir am ältesten Bahnhofs der iberischen Halbinsel vorbei “Estació de Franca”. Die erste Zugstrecke Spaniens führte 1848 von Barcelona nach Mataró in den Norden.
Ein paar Biegungen weiter gingen wir an den alten Markthallen vorbei. Unter deren filigranen Eisenkonstruktionen aus dem 19. Jh. schon seit Jahren archäologische Grabungen vorgenommen werden.
Wir landeten dann schließlich in der Taverna Born, im Viertel Born.
Hier waren wir richtig: Ein schönes Tapaslokal. Wir hatten den Eindruck, dass es tatsächlich überwiegend von Einheimischen besucht war. Im Sonnenschein leckere Tapas, ein oder zwei Gläschen Rotwein und die Besichtigungstour konnte weitergehen.
Wir stellten an Hand unseres guten Metroplans fest, dass wir von der Metrostation Jaume I mit der L 4 bis zur bis Passeig de Grácia fahren können, dann zur L 3, den langen Weg kennen wir ja schon und nur 1 Station bis Plaza Catalunya. Um 15.15 Uhr besteigen wir dort den Bus Nr. 24 zum Parque Güell. Die Bushaltestelle haben wir heftig gesucht. Sie befindet sich unmittelbar vor dem Kaufhaus Corte Ingles.
Nach einer vierzigminütigen Fahrt spazierten wir durch den Park, Manfred machte zwischendurch Pause und ich durchstreifte das Gelände.
Der Park Güell wurde zwischen 1900 und 1914 angelegt. Der Bauherr Eusebi Güell wollte mit der Parkanlage englischen Vorbildern nacheifern und war als “Wohngartenstadt” gedacht – daher die Bezeichnung “Park” – doch war diese Initiative nicht von Erfolg gekrönt und am Ende kam es lediglich zum Bau einiger weniger Musterhäuser.
Die 60 Grundstücke fanden keine Käufer, die einzigen Häuser, die im Park entstanden, waren das Pförtnerhaus und das Verwaltungsgebäude am Haupteingang sowie das von Gaudís Mitarbeiter Francesc Berenguer errichtete Wohnhaus, in dem Gaudí von 1906 bis zu seinem Tod im Jahr 1926 lebte. Seit 1963 ist es als Museum eingerichtet, das wir auch besichtigten. Es ist mit sehr schönen Jugendstilmöbeln eingerichtet.
Im Jahre 1923 schenkte Güell dieses Grundstück der Stadt, und seither ist es öffentlicher Park. In die pure Natur sind hier und da architektonische Elemente hineingesetzt, die für den Passanten unzählige Überraschungen bereit halten. Imposant ist der als Versammlungs- und Theaterplatz gedachte Terrassenplatz. Die Umfassungsmauer ist mit einer rundum laufenden, mosaikverzierten Bank eingefasst und von hier hat man einen phantastischen Ausblick auf Barcelona.
Der Raum unterhalb dieses Platzes, der von 86 dorischen Säulen getragen wird, sollte als Markthalle dienen. Die Decke wurde von Jujol gestaltet. Er machte aus dem, was andere wegwarfen, kleine Kunstwerke. In den Deckenmedaillons sind zerbrochene Teller, Porzellanpuppen, Flaschen und Sektgläser, Aschenbecher und Blumentöpfe zu faszinierenden Farbspielen collagiert.
Was Gaudí und seine Helfer aus dem Ganzen machten, wurde zwar keine Gartenstadt, aber dafür ein Weltkulturgut, das die UNESCO 1984 unter Denkmalschutz stellte.
Heute ist es wirklich ein Erholungspark für die Bewohner von Barcelona, da es auch an heißen Tagen hier oben angenehm kühl ist. Hübsch ist auch, dass an vielen Stellen musiziert wird.
Weniger angenehm sind die Preise: für eine kleine Wasserflasche: 4 Euro, in Worten: vier!
Rund 1 ½ Stunden haben wir uns hier aufgehalten und fuhren mit dem 24er Bus um 17.18 Uhr wieder bis zur Placa Catalunya zurück. Besorgten im Fremdenverkehrsamt Bus- und Metroplan, bei Carrefour Wasser und um 18.15 Uhr waren wir wieder k.o. im Hotel.
Bis 20 Uhr erholten wir uns und Manfred möchte gerne das Gebiet rechts der Ramblas erkunden. Da waren wir noch nicht. Wir waren schon etwas durch den Reiseführer vorgewarnt: War zum Teil Rotlicht-Distrikt, ist wohl auch verrufen und die aus den Fenstern hängenden Stoff-Bahnen fordern: Ein ehrenwertes Viertel zu werden.
Die Restaurants verlockten uns auch nicht und so wechselten wir doch wieder in das Gotische Viertel, links der Ramblas hinüber.
Sehen viele Restaurants, Tapasbars, die uns verlocken würden, aber Samstag: alle besetzt.
Und wo landeten wir: Wieder in dem Restaurant Victor neben der Kathedrale. Nach einer kurzen Wartepause im Restaurant bekamen wir wieder einen Tisch in der ersten Reihe und aßen wieder, es ist zum Lachen: Koteletts vom iberischen, schwarzen Schwein. Aber die waren hier einfach gut.