4. Tag, Mittwoch, 26. Oktober 2011

Gijón – Ribadesello – Cavadongo – Seen Enol und La Ercina – Cangas de Onís – Ribadesello – Fuente Dé

Gijón – Fuente Dé ist angesagt.

Klingt harmlos, da wir aber nicht einfach NUR nach Funte Dé, mitten in den Picos de Europa gelegen, fahren wollen, sondern sozusagen die am Wege gelegenen Sehenswürdigkeiten – oder auch nicht so ganz nahgelegenen  – mitnehmen wollen, ist es ein heftiger Fahrtag.

15 Grad empfangen uns draußen, aber wir sind schon heilfroh, dass es nicht regnet.

Wir erleichtern uns die Anfahrt und nehmen bis zum Küstenort Ribadesella die Autobahn.

Die  „Costa Verde“ „grüne Küste“ wird ihrem Namen gerecht. Wiesen, Bäume, strahlen im frischgewaschenen Grün, das blaue Meer mit seinen Schaumkronen, die goldgelben Strände, schön. Links und rechts weiden Kühe oder Schafe.
Insgesamt haben wir  einen guten Blick vom Wagen aus.

Das Örtchen Ribadesella liegt an der Mündung des Río Sella. Zudem zieht sich ein Meeresarm weit in das Landesinnere, vorbei an den Verwaltungsgebäuden der Höhle Tito Bustillo.

Als wir ankommen, ist wohl Ebbe und die Ría liegt brackig, schlammig vor uns. Jede Menge Unrat kommt zum Vorschein und es riecht unangenehm.

Aber wir wollen ja das Juwel der Höhlenmalerei in Europa, die Höhle Tito Bustillo, besuchen.

Da wir vor der Reise auf unsere Anfrage beim Museum Alta Mira mitgeteilt bekamen, zur jetzigen Zeit sei eine Voranmeldung nicht notwendig, wir könnten die Eintrittskarten direkt an der Kasse des Museums erwerben, gingen wir davon aus, dies würde auch für diese Höhle gelten.

Weit gefehlt.

Die freundliche Angestellte konnte uns für nachmittags – jetzt war es 10.40 Uhr – um 16.30 Uhr einen Besuch zusagen.

Kurzes Nachdenken: Unseren geplanten Abstecher in das Seitental der Picos de Europa mit Besichtigungen in Covadonga, Fahrt zu den hochgelegenen Seen Enol und La Ercina und nach Cangas de Onís,  kriegen wir das zeitlich geregelt?

Eine Stunde Besichtigung, dann also 17.30 Uhr  und anschließend noch eine lange, kurvenreiche Strecke bis zu unserem Tagesziel Fuente Dé?

Wir sind Optimisten. Ja, das schaffen wir!
Also akzeptieren wir die Reservierung, nehmen die nächsten 40 Kilometer nach Covadonga in Angriff.

Um 11.30 Uhr kommen wir an diesem geschichtsträchtigen Ort, der Wiege Spaniens, an.
Was finden wir vor: Eine Basilika, die Ende des 19. Jhs. erbaut wurde, ein Hotel, ein Museum, ein Denkmal für Pelayo, ein Restaurant und ein paar Andenkengeschäfte.

Zur Geschichte lässt sich sagen, dass im Jahre 711 nach ihrer Überquerung der Straße von Gibraltar die Mauren innerhalb weniger Jahre vom heutigen Andalusien bis in den Norden vorrückten und so sollen sie  eben 722 bei der sagenumwobenen Schlacht von Covadonga im Gebirgsland Asturiens von den Truppen des vormaligen Westgotenfürsten Pelayo  besiegt worden sein.
Gleichzeitig war Pelayo Begründer des Königsreichs Asturien, das anfänglich seinen Sitz in Cangas de Onís und später in Oviedo hatte. Geschichtlich ist die Auseinandersetzung von Covadonga nicht belegt, doch wird sie gemeinhin als Beginn der Reconquista angesehen, der Rückeroberung der von den Mauren besetzten Landstriche.

Vielleicht noch zur Ergänzung: Gestärkt wurde die Reconquista durch die Wiederentdeckung des Grabes des heiligen Jakobus in der Zeit zwischen 813 und 830.

Und noch weiter zur Abrundung: Die Mauren vermochten sich bis 1492 in Spanien zu halten. So ist im Reiseführer nachzulesen.

Vom Kirchplatz aus sieht man etwas unterhalb die Grotte, die Santa Cueva, in der Fürst Pelayo und seine Krieger Unterschlupf vor den anrückenden Mauren fanden. Heute sieht man hier sein Grabmal und eine Kapelle mit einem Marienbildnis.

Wir haben genug gesehen und wir wollen ja noch zum Mirador de La Reina, dem „Aussichtspunkt der Königin“, um einen Blick auf die Picos (Gipfel) de Europa zu werfen und zu den zwei noch höher liegenden Seen.

12 km schraubt sich unser Auto unter Elisabeths erprobter Fahrkunst ein enges, kurviges, teilweise an den Seiten abbrechendes Sträßchen empor.
Was sind wir froh, dass wir fast Alleinfahrer sind.
Am Aussichtspunkt ist der Sammelpunkt einer Vielzahl kleiner Busse, die wohl die Insassen der großen Reisebusse von Covadonga hierherauf gebracht haben.
Zum Glück fahren sie schon wieder zurück.

Wir sind glücklich und zufrieden, Weitsicht auf die umliegenden Gipfel zu haben und keinen Regen. Kalt ist es allerdings sehr!
Nicht rasten, weiter zum ersten See, dem Lago Enol. Er liegt eingebettet zwischen Wiesen in dieser alpinen Welt. Ein kleiner Spaziergang, ein paar Fotos und nochmals weiter hoch bis zum auf 1135 m ü.NN gelegenen Lago de Ercina.
Das Hochgebirgspanorama ist fantastisch!
Hier müsste man die Zeit und das Wetter haben und wandern!

Wir begnügen uns mit einer Einkehr in die Hütte und trinken Pfefferminztee. Das ist heute zur Magenberuhigung sinnvoll.

Ja, die schwierige Anfahrt hat sich gelohnt, da wir Sicht haben und keinen Regen!

Die ganze Strecke wieder retour bis Cangas de Onís. Um 14 Uhr stehen wir vor der im 13. Jh. erbauten Brücke, die über den Río Sella führt. In ihrem Mittelbogen hängt eine übergroße Nachbildung jenes Siegerkreuzes, das Pelayo bei der Schlacht getragen haben soll.
Ein weiteres haben wir ja in Oviedo im Kathedral-Museum gesehen.
Natürlich müssen wir über diese alte Brücke, mit Steinen gepflastert, auf- und absteigen.

Aber bei aller Geschichte, wir haben Hunger. Zeit um in ein Restaurant zu gehen bleibt uns nicht, da ja um 16.30 Uhr die Besichtigung auf uns wartet und so bleibt nur ein Gang zum Supermarkt. Käse, Baguette und Wasser. Ein frugales Mal auf einem Mäuerchen im Sonnenschein reicht uns.

Diesmal fahre doch tatsächlich ich. Elisabeth soll sich mal von den Strapazen der Tour erholen. Zudem bin ich neugierig, wie sich der neue Polo fährt.
Er fährt sich sehr gut!

Entlang des Cares-Flusses fahren wir zurück nach Ribadesella und welche Überraschung? Der schlammige, brackige Meeresarm ist voll mit Wasser. Es ist Flut. Jetzt ist die Welt wieder in Ordnung.

10 Minuten haben wir noch Zeit, uns die Schautafeln in der Vorhalle der Höhle „Tito Bustillo“ anzusehen und dann geht die für 16.30 Uhr gebuchte Führung mit weiteren 12 Personen los.
Fotografieren darf man – verständlicherweise – nicht und erst mal geht es durch drei künstlich angelegte Korridore mit jeweils großen Toren, damit eventuell eindringende Winde und Verwirbelungen keinen Schaden anrichten können.
Nur eine kleine Taschenlampe steht dem Führer zur Verfügung, um uns dann durch die natürliche Tropfsteinhöhle mit ihren mächtigen Stalaktiten und Stalagmiten, die zum Teil zusammentreffen, durch einen Karstschlot durchzulotsen.

Und dann ist Halt. OH! AH!

„Schatz des Paläolithikums“ nennt sich die Cueva Tito Bustillo. Ein Höhlensystem mit bis zu 25 000 – in Worten: fünfundzwanzigtausend –  Jahre alten Felsmalereien, die Tiermotive zeigen.

1968 wurden die Höhlenmalereien von Celestino Fernández Bustillo entdeckt. Er verstarb jedoch nur wenige Tage nach der Entdeckung. Dies hatte zur Folge, dass die bis dahin als Pozu’l Ramu bekannte Höhle zu seinem Gedenken in Höhle Tito Bustillo umbenannt wurde. Die Höhle ist Teil des Ardines-Massivs, einem der bedeutendsten Karstsysteme Asturiens.

Pferde, Pferde und nochmals Pferde wurden gezeichnet, gemalt. Ein Hirsch? Ein Reh? Mit Kohle vorgezeichnet und mit violetten Pigmenten ausgefüllt, die für diese Höhle besonders charakteristisch sind.

Durch die behutsame Ausleuchtung durch unseren Führer entdecken wir immer noch eine Zeichnung.

Jedoch nicht nur die Höhlenmalerei ist der Schatz, auch die Funde von Muschelschalen, kleinen Skulpturen, reich dekorierten Werkzeuge wie Harpunen, Wurfspeere, Lochstäbe und Schaber, sowie gravierte Steinplaketten, die mit ähnlichen Motiven verziert sind wie auch die Wände der Höhle.

Ja, das Zurückkommen hat sich gelohnt.

Punkt 17.30 Uhr machen wir uns auf die letzte Etappe, nach Fuente Dé.

Nun soll es schnell gehen, soweit das geht. Gebirgsstraßen im Dunkeln zu fahren macht keinen Spaß.

Also erst die A 8 – E 70 – bis Llanes, dann auf die 634 – nennt sich auch E 70 – bis Unquera, dann auf der 621 bis Potes und dort auf der CA 185 nach Fuente Dé.

Die Landstraße war eng und kurvig. Wir hatten Bedenken, wie das dann wird, wenn wir die absolute Seitenstraße – eine Sackgasse –  bis Fuente Dé fahren.
Erstaunlich: Sie war breiter und weniger stressig zu fahren als die 621.

Um 18.20 Uhr sind wir am Parador und bis hierher sind wir – sprich Elisabeth – seit Übernahme des Polo insgesamt  1057 km  gefahren und es regnet mal wieder!

Dieser Parador ist ein riesiges, modernes  Gebäude aus Sandsteinblöcken erbaut. Schön möbliert, keine Frage und liegt eingebettet in der Bergwelt.

Den Tisch für 20.15 zu bestellen wäre hier nicht nötig gewesen, da nur noch eine kleine englische Gesellschaft und ein Paar mit Kleinstkind anwesend sind.
Essen gut, Bedienung unfreundlich. Das ist die Kurzfassung.

Der Prospekt des Paradors preist an:

„Der Tischgast wird am Ende sein üppiges Mahl abrunden wollen mit einem „Té Silvestre de Roca“ (Wilder Tee aus Stein) oder mit dem legendären weißen „Orujo“ (Weintrester) aus Potes.“

Das tun wir dann auch und da wir uns das Teepflänzchen nicht vorstellen können zeigt uns der – hier in der Bar – freundliche Kellner das uns unbekannte Pflänzchen und erklärt uns, dass dieses hier 1 Jahr getrocknet ist, man kann den Tee auch aus der frischen Pflanze trinken.
Der Tee mit Orujo schmeckt!

Wetteraussichten für Morgen laut Dame von der Rezeption: ganzer Tag Regen!

Na, das war ja ein Tag voll  mit Eindrücken! Die wollen erst mal verdaut werden.
Daher wieder „Gute Nacht“!

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