Freitag, 4. September 2009
Wir hatten Glück mit dem Wetter, so dass wir im schönen, ruhigen Innenhof des Hotels frühstücken konnten.
Um 10.15 Uhr waren wir startklar und bummelten die Ramblas bis zur Kolumbus-Säule entlang. Zwischen Blumenständen, Zeitungskiosken, Kleintierangeboten, vielen Darstellern tobte das Leben.
“García Lorca sagte, dass sich auf dem Flanierweg zwischen Hafen und Placa de Catalunya “das ganze Barcelona” zeigt.
Namentlich unterteilen sich die Ramblas, die in Nachfolge einer Stadtmauer Ende des 18. Jh. als Weg angelegt wurden, von der Plaza Catalunya aus gesehen in die Abschnitte:
Die Rambla de Canaletes ist seit langem Treffpunkt der Fans des F.C. Barcelona.
Die Rambla dels Estudis wurde nach früheren
Hochschulgebäuden benannt, die den Weg einst säumten und mit der Hausnummer 115 nur eine Wissenschaftsakademie übrig ließen.
Die Rambla de Sant Josep wird wegen der vielen Blumenstände auch die Rambla de les Flores genannt. An diesem Abschnitt verdienen vor allem der Palau de la Virreina als städitsches Ausstellungsgebäude sowie der Mercat de Sant Joseph – Boqueria – Aufmerksamkeit und Zeit. Die große Eisenkonstruktion der Markthalle wurde 1914 nach dem Vorbild der Pariser Hallen konstruiert, den Markt selbst gibt es schon länger.
Mit der Rambla dels Caputxins beginnt der Teil des Flanierwegs, auf dem man seine Handtasche besser enger an sich nimmt. Sehenswerte Stationen an diesem Abschnitt sind das Café de l’Opera und das Opernhaus Liceu, das 1846 an der Stelle eines vormaligen Klosters errichtet wurde.
Auch die gegenüber vom Liceu gelegene Plaza Reial ist als großzügig angelegter Stadtraum eine Besonderheit.
Den letzten Abschnitt bildet schließlich die Rambla de Santa Mónica, benannt nach der Patronin des Augustinerordens, der hier im 17. Jh. einen Konvent errichtet hatte. Die Kolumbussäule bietet den End- oder Anfangspunkt eines Bummels über die Ramblas.”
Mit unser Barcelona-Card konnten wir kostenlos mit dem Lift in der Kolumbussäule hochfahren und hatten von dort – aus 60 m Höhe – einen schönen Ausblick auf Barcelona und den Hafen.
Die Kolumbussäule wurde 1886 von Gaietá Buigas entworfen im Gedenken daran, dass Kolumbus bei der Rückkehr von seiner ersten Reise zum neuen Kontinent – 1493 – in Barcelona vom Katholischen Königspaar empfangen wurde.
Von hier aus wollten wir eigentlich mit der Sesselbahn Richtung Montjuic vom Torre de Jaumel aus losfahren, jedoch dieser war gesperrt, da die Liftanlage erneuert wird. So bestaunten wir nur die Kreuzfahrtschiffe und den riesigen Kreisverkehr, den wir umrundeten um dann in der Calle Nou de Rambla an der Haltestelle del Paral-lel in die Funicular – eine Zahnradbahn – einzusteigen und bequem in kürzester Zeit zum Estació Parc Montejuic hochzufahren. Eine Art “Zauberberg”. Das Naherholungsgebiet der Stadt vereint sehenswerte Kulturbauten wie das Museu Nacional d’Art de Catalunya, den Pavelló Mies van der Rohe, das Caixa Forum oder die Fundación Miró mit schönen Parkanlagen und großen Sportstätten. Wir überlegten, noch mit der Seilbahn weiter hoch zu fahren, um dann zum Castel de Montjuic zu wandern, da es jedoch sehr heiß war, sparten wir uns dies und gingen statt dessen in das Zentrum der zeitgenössischen Kunst – in die Miró-Stiftung. Ein schöner, heller Gebäudekomplex, in dem die vom Maler gestiftete Sammlung untergebracht ist. 225 Gemälden und 150 Skulpturen.
Wir hatten einen Audioführer und konnten uns die Werke Mirós erklären lassen. Geschockt war ich über ein Triptichon: 3 riesige weiße Leinwände mit jeweils einem schwarzen Strich quer über die Leinwand. 2 Jahre hat Miró gebraucht um sich dies zu überlegen und war – nach eigenen Aussagen – dann, als die Idee stand, – in Minuten fertig. Das ist Kunst!?! Ich hab’s jedenfalls nicht verstanden.
Der kleine Skulpturengarten mit skurrilen Figuren war nett, bot jedoch vor allem einen grandiosen Blick über Barcelona.
Wir hatten erfahren, dass man mit der Buslinie 5 bequem bis zum Pavillon Mies van der Rohe gelangen kann, so nutzten wir also wieder unsere Barcelona-Card und waren dann fast Alleinbesucher.
“Dieser Pavillon wurde von Ludwig Mies van der Rohe 1929 für die Weltausstellung in Barcelona erstellt.
Nach der Ausstellung wurde 1930 beschlossen, ihn abzubauen.
So geschah es, dass der Pavillon, der zusammen mit dem Bauhaus von Walter Gropius und der Villa Savoye von Le Corbusier eines der grundlegenden Gebäude der modernen Architektur darstellt, für fast fünzig Jahre verschwand.
Auf wiederholte Initiativen hin hat die Stadtverwaltung Barcelona den Pavillon zwischen 1983 und 1986 wiederaufgebaut.
Der Wiederaufbau wurde an genau derselben Stelle vorgenommen, wo der ursprüngliche Pavillon stand.”
So konnten wir heute die für den Pavillon verwendeten Materialen wie Glas- und Stein, Stahl mit hohem Chromgehalt, verschiedene Marmorarten für Wände und Böden – grüner Tinosmarmor, vert antique, honiggelber Onyx und römischer Travertin – betrachten und waren fasziniert von der Schlichtheit und Eleganz. Die Skulptur – in einem Wasserbecken installiert – spiegelt sich im Wasser, im Marmor und im Glas.
Der Stuhl Barcelona, der speziell für den Deutschen Pavillon der Weltausstellung von Mies van der Rohe entworfen wurde, wird als ein Meilenstein in der Geschichte des Designs des 20. Jahrhunderts betrachtet.
Diese Kunst ließ bei mir den Wunsch wachen werden, mal nach Dessau zu reisen.
Gegenüber des Pavillons, vor dem Cosmo Caixa, einer der europaweit spannendsten Museumskonzeptionen zum Thema Naturwissenschaften, befand sich die Bushaltestelle für die Linie 5 und wir machten die Reise retour: Wieder zur Zahnradbahn, zur Metrostation bis zur Plaza Cataluya und Mittagspause im Corte Ingles.
Nach einem Platzwechsel vom Restaurant mit Bedienung – die einfach nicht kam – zur Selbstbedienungsabteilung, mit tollem Blick auf die Plaza Catalunya und die umliegenden Dächer, haben wir gut gegessen.
Nach dem Essen fuhren wir von der Plaza Catalunya mit der Metro bis zur Haltestelle Diagonal überquerten die Straße und besichtigten das von Gaudí errichtete Casa Milà/La Pedrera.
Pedrera heißt Steinbruch und diesen Spottnamen musste sich das letzte Privathaus Gaudís zu Bauzeiten – 1906 – 1910 – gefallen lassen.
“Ein aufrechter Baum, er trägt Äste und diese die Zweige und diese die Blätter. Und jedes einzelne Teil wächst harmonisch, großartig, seit der Künstler Gott selbst ihn geschaffen hat. Dieser Baum braucht keine äußere Hilfe. Alle Dinge sind in sich ausbalanciert. Alle Dinge sind im Gleichgewicht.”
Mit diesen Worten gab Gaudí seinen naturbezogenen Umgang mit dem Bauen zu erkennen. Parabolbögen, pilzfömige Kapitelle, hängende Gewölbe und eingeschlossenene Säulen geben davon an der Casa Mià ein architektonisches Zeugnis. Das Gebäude hat keine tragenden Wände, sein ganzes Gewicht lastet auf Säulen und Trägern.
Es ist phantastisch!
Die skurril gestalteten Abluftschächte und Schornsteine auf dem Dach zeigen, dass Gaudí
auch einer der geistigen Väter von Salvador Dalí war.
Mich erinnern diese Gebilde an geheimnisvolle Wüstenreiter. Der Regiseur des Films Krieg der Sterne wurde hier inspiriert, seine Außerirdischen danach auszurichten.
Im vierten Stock konnte man eine vollständig und zeittypisch eingerichtete Wohnung aus der Zeit des frühen 20 Jh. bestaunen, inclusive Abstellkammer.
Es war wohl das letzte Privathaus, das Gaudí errichtete, da es mit dem Bauherrenehepaar zu Meinungsverschiedenheiten kam.
Auf alle Fälle ist es äußerst sehenswert!
Nach dieser Besichtigung machten wir uns auf die Suche nach der Metrostation der Linie 5, die wegen Bauarbeiten sehr kompliziert zu finden war. Da wären wir fast zeitgleich zu Fuss zur Sagrada Família gekommen.
Sagrada Família, das Non-Plus-Ultra, das unbedingte MUSS, wenn man Barcelona besucht.
“Die Unvollendete“. 1883 übernahm der 31-jährige Antoni Gaudí 1883 den Auftrag, die damals schon begonnene “Kirche der Armen” weiterzubauen. Sie sollte nach dem Willen der Auftraggeber nur mit Spendengeldern entstehen, was die Baufortschritte noch bis heute beeinträchtigt. Der Meister wollte sein Lebenswerk mit diesem Kirchenbau krönen, was ihm auch gelang, obwohl unter seiner Leitung nur ein Bruchteil dessen entstehen konnte, was er sich vorgenommen hatte. Nachdem er 1914 beschlossen hatte, sich ganz dem Kirchenbau zu widmen, wurde die Baubude der Sagrada Família für zwölf Jahre fast sein Zuhause. Sein Unfalltod im Jahr 1926 setzte den Arbeiten zunächst ein plötzliches Ende.“
Von den vier Fassaden, die das Leben Christi in Bildern wiedergeben, war nur die Ostfassade – Christi Geburt – fertig gestellt. Bürgerkrieg und
Zweiter Weltkrieg erzwangen einen Baustopp bis 1952. Die Türme der Westfassade – Fassade des Leidensweges und Todes Christi – waren 1976 errichtet. Seit den 80er-Jahren kann die Arbeit durch erhebliche touristische Einnahmen beschleunigt werden. Das erklärt sicher auch die hohen Eintrittspreise, wobei Manfred meinte, dass es eine Unverschämtheit ist, um nur eine Baustelle zu besichtigen – und das ist es tatsächlich. Beschreiben kann man dieses Mammutwerk eigentlich nicht. Da müssen die Aufnahmen für sich sprechen.
Was mich aber sehr begeisterte war die Darstellung, wie Gaudí Beispiele aus der Natur in Stein umsetzt. Faszinierend!
Wir hatten uns aus dem Reiseführer die Tour 4 ausgeguckt, die nun noch die Fahrt zum Park Güell vorgesehen hat. Jedoch, es war sehr warm und wir waren geschafft. Darum fuhren wir nach der Besichtigung zurück zur Haltestelle Passeig de la Gárcia, mussten dort umsteigen. Der Weg zur nächsten Haltestelle der Linie 3 war jedoch so lang, dass wir wohl schneller zu Fuss an der Plaza Catalunya gewesen wären.
Schnell waren wir wieder bei Carrefour um Wasser zu kaufen und um 18 Uhr im Hotel. Ausgiebig duschen und dann relaxen.
Auf der Suche nach einem besonders schönen Lokal streiften wir durch die Altstadt, spazierten an dem illuminierten Rathaus und Regierungspalast aus dem 15. Jahrhundert vorbei und landeten in einem Tradionshaus:
Los Caracoles.
Nach nur kurzer Wartezeit am Tresen, die wir uns mit einem Glas Sekt verkürzten, bekamen wir einen guten Tisch und aßen vorzüglich. Manfred bestellte sich als Vorspeise tatsächlich Schnecken, die dem Namen des Restaurants Ehre machten. Mit gut 100 € waren wir dabei .
Auf dem Nachhauseweg nahmen wir um 23 Uhr noch auf der Plaza del Pi einen Grappa zu uns und rundeten damit einen interessanten Tag ab.