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Ägypten – Mittwoch, 21. Januar 2009

2. Tag

Horus-Tempel

Für 14 Uhr war die Fahrt zum Horus-Tempel in Edfu angesagt und um 14 Uhr als wir anlegen, steht auch schon ein kleiner Bus am Ufer, um uns zur größten, besterhaltenen Tempelanlage Ägyptens zu bringen. Die Planung von Ahmed ist hervorragend. Entweder besichtigen wir die Anlagen nach oder vor der Invasion der Fluss-Kreuzfahrtschiffe, denn die Händler vor der Anlage haben ihre Stände zum größten Teil nicht geöffnet, so dass wir mehr oder weniger unbehelligt gehen können.
Auch in der Tempelanlage sind wir fast alleine. Es muss eine Seltenheit sein, wie wir aus Berichten von Freunden entnehmen können.

Nun wieder ein Versuch, die Erklärungen von Ahmed aufzuschreiben:
Die Frage lautet: „Was ist ein Tempel?“
„Ein Tempel ist der Wohnsitz des Gottes. Er unterscheidet sich jedoch von der Kirche wie der Moschee.tag02_0320
Die Hauptelemente eines Tempels in der pharaonischen Zeit waren:
Der Pylon, die große Fassade.
Vor dem Pylon gab es meist zwei große Figuren des Königs, des Begründers des Tempels.
tag02_03801Hier 2 Falken aus Granit, da der Tempel dem falkenköpfigen Horus geweiht ist.
Nach dem Pylon folgt der Vorhof. Bis hierher durfte das Volk. Danach durften nur noch die Vertreter des Gottes, die Priester, wie der König die inneren Räume des Tempels betreten.
Nach dem Vorhof kam der Säulensaal und dann das Allerheiligste.
Je weiter die Räume fortschreiten, je mehr nimmt die Helligkeit ab.
180 Jahre wurde an dieser Tempelanlage gebaut und sie geht auf die ptolemäische Zeit zurück. Ptolemäos der II. begründete den Bau
236 v. Chr. und Ptolemäos der XII. beendete ihn ca. 57 v. Chr.
Die Ptolemäer kamen aus Griechenland und wollten sich als Ägypter darstellen, daher die Tempelbauten und die Abgabe von Opfern.
Zur Tempelanlage gehörte natürlich auch noch das Geburtshaus, das Mamisi, dazu.
Es gab auch noch bei den Tempelanlagen das sogenannte Nilometer.
Hier wurde der Nil-Wasserstand abgelesen und danach wurden die Abgaben und Steuern für das Volk festgelegt.

Diese Tempelanlage hier war fast vollständig mit Sand verschüttet.

Der Pylon hat die stattliche Höhe von 32,50m und eine Breite von 70m und ist nach dem Pylon des Karnak-Tempels der größte. Das darauf abgebildete Relief zeigt den Hausherrn mit seiner Gemahlin Hathor von Dendera und dem gemeinsamen Sohn Harsomtus.
Davor halten zwei Falken aus schwarzem Granit Hof.
Es schließt sich der Kolonnadenhof mit 40 m x 42,6 m an, der von 32 Säulen, gesäumt wird. Dietag02_0350
Weihehalle und die Bibliothek folgen. An der Westwand der Vorhalle beginnt die Darstellung der Gründung und des Baus des Tempels, die sich tag02_0330bis auf die Rückwand zieht.
Im Halbdunkel des 12-Säulensaals, der nur durch kleine Lichtschächte in der Decke erhellt wird, führen Türen zu Magazinen und Salbenküchen. Dahinter befindet sich das abgeschlossene Allerheiligste, das nur von dem Oberpriester betreten werden durfte. In dem dort aufgestellten Granitschrein befand sich einst das Kultbild des Horus, in Gold oder Silber gearbeitet. Auf dem Sockel ruhte die Barke in der der Gott sein Domizil verlassen konnte.“

tag02_0470Auf einer Wand sehen wir das Relief wie der falkenköpfige Horus den übermächtigen Feind zur Strecke brachte:  Auf seinem Schiff verfolgt Horus den als Nilpferd dargestellten Seth. Er durchbohrt das aus Sicherheitsgründen klein und in Ketten wiedergegebene Tier mit seinen Speeren, fesselt es und führt es der jubelnden Göttergemeinde zu.
Wir erinnern uns an die Entstehungsgeschichte.

In den angrenzenden Räumen können wir die Aufzeichnungen der Priester über die täglichen Handlungen betrachten.tag02_0440
Besondere Bedeutung kommt den Inschriften für die Philologie zu,  denn es ist die größte zusammen-hängende Sammlung von hieroglyptischen Texten aus der griechisch-römischen Zeit.
tag02_0445Die Reliefs an Säulen und Wänden sind wunderbar fein herausgearbeitet. Die Säulen selbst sind als Nachahmungen des Schilfs gedacht mit Kapitellen, die mit Pflanzenornamenten, wie Lotus und Papyrus, geschmückt sind.“
Wir sind beeindruckt.
Im Tempelumgang sehen wir beachtenswerte Darstellungen von Prozessionen und Illustrationen zur Horus-Legende. Zudem müssen wir uns vorstellen, dass alles farbig gestaltet war. Kleine Reste der Farben sind noch auszumachen.

Ahemd berichtet uns noch von einer Besonderheit dieses Tempels:
„Alljährlich wurde in einer Volksfestatmosphäre eine Figur der Göttin Hathor von Dendera nördlich von Luxor auf eine zweiwöchige Kreuzfahrt nilaufwärts geschickt, um ihre Hochzeit mit Horus in Edfu nachzuvollziehen. Es wird das Fest der „schönen Begegnung“ genannt.“

Wir wenden uns dem westlichen Bereich der Anlage zu und betreten das Geburtshaus, Mamisi, das Ptolemäos VIII errichten ließ. Die Reliefs zeigen den Verlauf der Geburt.
An einer der vorgebauten Wände können wir das Relief der Göttin Hathor sehen, die ihren Sohn Harsomtus stillt.
Ursprünglich war die ganze Tempel-Anlage  mit Ziegelmauern umgeben, wovon noch Teile zu sehen sind und zur Zeit ist man dabei, die antike Stadt, die sich daran anschloss, auszugraben.

Satte 2 Stunden haben wir uns in „unserem“ 1. Tempel aufgehalten und sind tief beeindruckt.
Der kleine Bus ist sofort wieder zur Stelle und bringt uns zu einem Markt. tag02_0490Hier spendiert uns Ahmed frisch gepressten Zuckerrohsaft. Lecker. Das Leben, das Treiben, das Angebot an Obst und Gemüse ist gewaltig.

Um 16.30 Uhr sind wir wieder auf dem Schiff, das auch sofort ablegt. Wir machen uns etwas frisch und treffen uns zum Teestündchen auf Deck. Um 17.15 Uhr beschert uns der Sonnenuntergang ein tag02_06301phantastisches Farbspiel. Dazu das sanfte Vorbeigleiten an den Ufern des Nils. Das Motorengeräusch des uns ziehenden Boots kann man gut wegdrücken.
Gegen 17.45 Uhr ist das Schauspiel zu Ende. Es wird kühl. Duschen, etwas lesen und die Zeit bis 19 Uhr zum Abendessen ist schnell vorbei.
Bis 22 Uhr halten wir noch ein Plauderstündchen, erfahren viel von Ahmed über das tägliche Leben in Ägypten und sinken müde aber glücklich ins Bett.

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Ägypten – Freitag, 23. Januar 2009

4. Tag Kom Ombo Bedingt durch den Motorschaden konnte gestern auf unserer Reiseroute die Insel Menehe nicht erreichen werden. Dadurch haben wir heute eine etwas längere Anfahrt bis Kom Ombo; jedoch auch das klappt, so dass wirtag04_0050 dort schon um 8.30 Uhr an der Promenade anlegen. Keine Spur von den großen Fluss-Kreuzfahrtschiffen. Sonntägliche Ruhe, der Freitag ist der Sonntag der Moslem. Die Geschäfte entlang der Promenade sind noch tag04_0060geschlossen. Wir spazieren im Sonnenschein das kurze Stück bis zum Doppeltempel, der in einer Nilschleife auf einem Hügel direkt am Ufer des Flusses liegt. Dieser Hügel gab auch den Namen: Kom Ombo bedeutet der Hügel, wie Ahmed ausführt. Hier wurde ein schönes Heiligtum erbaut. Es hatte zwei Besonderheiten: Zum einen konnte durch die Lage der Anlage der Nil von den Priestern kontrolliert werden und durch die dahinterliegende Festung konnte die Grenze nach Norden hin gesichert werden. Die zweite Besonderheit ist, dass dieser Tempel für zwei Gottheiten erbaut wurde. Es ist die einzige Tempelanlage im Land, der zwei Gottheiten geweiht wurde. Die rechte Seite ist dem krokodilgestaltigen  Sobek, (die Ägypter hatten Angst vor Krokodilen, die es hier zahlreich gab. Um diese zu besänftigen und zu ehren, wurden ihnen Opfergaben dargebracht). Und die linke Seite dem falkenköpfigen Haroeris, Horus dem Älteren, Vertreter Gottes auf Erden, gewidmet. Die  Erbauung geht auf die griechische und römische Zeit  zurück. Ptolemäos VI. begann den Bau und Kaiser Domitian beendete ihn. Ca. 400 Jahre Bauzeit wurden hierfür beansprucht. Auch dieser Tempel war völlig von Schutt bedeckt und wurde 1843 ausgegraben.  Man beließ den Zustand wie er vorgefunden wurde; es wurde nichts rekonstruiert. Bedingt durch seine Nähe zum Nil wurde er jedes Jahr 3 Monate vom Nil tag04_0080überspült. Dadurch ist der Eingangsbereich des Tempels zerstört, der linke Turm des 1. Pylons versank im Fluss. Nach Betreten des Tempelvorhofes, können wir jedoch die Pylonreste der rechten Seite sehen, die das Relief des Krokodilgottes Sobek zeigt und wir sehen die große Liste der Hymnen die Ptolemäus der XII. dem Gott Sobek darbringt.tag04_0360 Der Vorhof des Tempels war ebenso wie in Edfu mit Säulen umgeben,  jedoch sind hier nur noch tag04_0090Stümpfe vorhanden aber es sind noch Farbreste auszumachen. Der Fuß-boden ist original. Ahmed führt weiter aus: „Das Volk kam  1 oder 2 mal im Jahr,  um Opfergaben darzubringen. Auf dem Altar des Vorhofes durften sie die Gaben ablegen, ein weiterer Zutritt zum Tempel war ihnen nicht gestattet.tag04_0100 Lediglich der König und die Priester durften die inneren Räume betreten.“ Ahmed macht uns auf das Relief aufmerksam, das tag04_0410aPtolemäos XII.  zeigt, der sich in Gegenwart der beiden Hauptgötter der rituellen Reinigung unterzieht. Durch die Kartuschen konnte festgestellt werden, um welchen Herrscher es sich handelte.“ Wir schreiten weiter in den besterhaltenen Teil des Tempels, in den Säulensaal. An der Decke zeigt uns Ahmed eine Barke auf der der Sonnengott Re als Scheibe dargestellt ist und von vielen  Gottheiten angebetet wird. Er macht uns auf die Gestaltung der Reliefs aufmerksam, von dertag04_0200 Kunstkritiker sagen, dass diese nicht mehr mit dieser Feinheit ausgebildet wurden wie es an den Tempelanlagen des Alten- und Mittleren-Reichs  zu sehen ist. Zum Beispiel sind die Schultern zu breit und die Arme zu gerade, alles ist grober gestaltet und nicht so fein zisiliert . Ahmed macht uns auf eine weitere, sehr schöne Szene aufmerksam: Ptolemäos VI. wird von den zwei Göttinnen tag04_0220Ober- und Unterägyptens gekrönt. Hinter ihm steht der Krokodilgott und Isis mit dem Lebenszeichen. Ebenfalls sehr wichtig ist die Szene der Grundsteinlegung des Tempels wie wir es auch in Edfu gesehen haben. Und erwähnt werden sollte noch das Relief, das Ptolemäos VIII. und  zwei Frauen, Kleopatra, seine Frau und Kleopatra, seine Tochter oder Schwester, zeigt, wie sie sich Haroeris nähern undtag04_0460 dieser dem König das Sichelschwert und das Lebenszeichen darreicht. (Die beiden Kleopatras haben nichts mit der berühmten Kleopatra der VII. zu tun.) Zwischendurch gab es immer tag04_0230wieder eine Auflockerung: Das mit uns reisende Ehepaar war ja schon zweimal an diesen Orten und im Vorfeld konnten sie sich an bestimmte Szenen nicht mehr erinnern. Wenn wir jedoch davor standen erklang es: „Ach ja!“ Die Erinnerung war wieder da, was dann jedes Mal Gelächter auslöste. Und noch etwas: Wir hören viel Vogelgezwitscher und sonst keine weiteren Laute, denn wir sind, bis auf die Museumswächter und ein paar Reinigungsleute, mutterseelen alleine in der großen Tempelanlage. Ahmed hat so etwas auch noch nicht erlebt. Wir verlassen den Säulenhof und gelangen in zwei weitere Säle. Eine Besonderheit der griechisch-römischen Zeit war ein Kalender, in dem verzeichnet war an welchem Tag und was das Volk als Opfergaben darzubringen hatte. Die Ägypter kannten drei Jahreszeiten, ein Monat hatte 30 Tage, 1 Woche hatte 10 Tage, so dass der Monat aus 3 Wochen bestand. Wir erreichen das Allerheiligste und stehen vor einem großen Granitstein, der als Sockel der Barke diente auf der sich der Schrein für die beiden Gottheiten einmal befand. Davor sehen wir eine Öffnung, aus dieser erschallte früher dann das von den Priestern gesprochene Orakel und das arme Volk hatte dies zu glauben. Links und rechts vom Allerheiligsten gab es noch kleine Räume, die den Priestern zur Waschung dienten und zum Aufbewahren ihrer „Klamotten“, wie Ahmed meint. tag04_0180Ahmed ist begeistert! Er kann diesen Granitstein berühren. Er meint,  bisher ist es ihm durch die sonst darumstehenden Menschentrauben nicht vergönnt gewesen, so weit vorzudringen. Wir können unser Glück selbst kaum fassen, keine Touristengruppen. Wir sind Alleinherrscher! – Wir gehen links am Allerheiligsten vorbei und Ahmed denkt mit Schaudern zurück, dass er hier bei seiner letzten Führung als Gruppe Nr. 9 abends um 18 Uhr eine halbe Stunde warten musste, um den Gang zu passieren. „So leer, so leer“, meint unsere Begleiterin und mein lieber Mann meint zu Ahmed, da könne er mal sehen, was wir ihm bieten. Im Umgang des Allerheiligsten befinden sich noch bemerkenswerte Reliefs: Kaiser Trajan gab um 100 n.tag04_0260 Chr. den Auftrag für dieses Relief: Er bringt dem  Medizingott Imhotep (er war der Erbauer der 1. Pyramide unter Djoser und  später wurde er als Gottheit verehrt) medizinische Instrumente dar. Schröpfköpfe, Messer, Zangen, Skalpelle, Sägen,  Säckchen mit Arzneien und eine kleine Apothekerwaage werden in der geschriebenen Liste minutiös aufgezählt. Schutzamulette, das Auge des Horus und einen Gebärstuhl können wir ausmachen und Ahmed erklärt uns noch was es mit den Reagenzgläsern auf sich hat: „Darin wurde der Urin einer schwangeren Frau gegeben. Man gab Weizen dazu, ging dieser auf, wurde es ein Sohn. Gab man Gerste dazu und diese ging auf, dann wurde es eine Tochter.“

Die zweite Besonderheit: Direkt an der Rückwand des Allerheiligsten sehen wir die Göttin Maat, sie verkörpert die Gerechtigkeit und die Weltordnung. Sie ist zu erkennen an einer Feder auf dem Kopf. Gegen diese Feder wurde das Herz des Verstorbenen aufgewogen. Sie ist vontag04_0300 den Symbolen der vier Winde umgeben, und den Symbolen der 4 Evangelisten: Löwe, Stier, Adler und Mensch (leider zerstört). Ahmed wartet vergeblich auf das „Ach ja“!“, aber diese Besonderheit wurde unseren Mitreisenden bei den vorangegangenen Führungen nicht gezeigt. Bei unserem Rundgang sehen wir noch an der tag04_0310Außenwand den König, wie er sich als Feldherr darstellen lässt und die Gefangenen an den Haaren packt und wie der ihm nebengestellte Löwe in die Hand eines Gefangenen beißt. In dem Gefangenenzug sind gefesselte Asiaten, Lybier und Nubier in dem Relief dargestellt . In einem kleinen tag04_0340Nebengebäude, das von Domitian als Hathorkapelle gestiftet wurde,  können wir Mumien der „heiligen“ Krokodile bestaunen, die als heilige Tiere des Sobek beim Tempel gehalten und nach ihrem Tod für die tag04_0380Ewigkeit präpariert wurden. Weiter gehen wir zum Nilometer. Wir sehen einen tiefen Brunnen, der mit dem tag04_0390Nil verbunden war. Bei der jährlichen Nilschüberschwemmung stieg das Wasser. Über eine Treppe konnte man hinabgeben und an einer Skale den Wasserstand ab-lesen. Danach wurden die Steuern berechnet, die das Volk abgeben musste. Daneben sehen wir einen kleinen Brunnen, darin wuschen sich die Priester und dahinter gab es ein kleines Becken, in dem Krokodile gehalten wurden. Und immer noch sind wir alleine und machen noch einmal einen Fotorundgang ohne Erklärungen und als wir uns auf den Rückweg zum Schiff machen, kommt die erste kleine Touristengruppe. Inzwischen ist es 10.30 Uhr und die Läden an der Promenade sind immer noch geschlossen, also dauert es tag04_0570noch bis die Karawane der Fluss-Kreuzfahrtschiffe ankommt. An Bord angekommen heißt es sofort wieder „Leinen los“ und wir gleiten auf dem Nil dahin. Haben vom Schiff aus noch einen schönen Blick auf den erhöhten Doppeltempel und widmen uns wieder dem Schauen, Staunen und Entspannen.

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