St. Petersburg – Moskau
20.8. bis 30.8.2006
Dienstag, 22.8.2006
Der fakultative Landausflug zum Peterhof Palast ist angesagt.
Also wieder wecken lassen, Frühstück gibt es von 7 Uhr bis 9 Uhr. Abfahrt ist bereits um 8.15. Um 9.15 haben wir die 29 km bis zum finnischen Golf zurückgelegt. Wir müssen noch einen Moment bis zum Einlaß warten, denn offiziell ist erst um 10.30 Einlaß. Welch ein Glück für uns: keine Menschenmassen vor uns, sondern wir sind die Ersten, welche die geheiligten Hallen, mit Plastiküberzügen über den Schuhen betreten dürfen.
Unsere russische Führerin vor Ort ist Nathalie, die uns erklärt, daß Peter hier am Finnischen Meerbusen erst ein Wochenendhaus errichten ließ, um die Konstruktion seiner Marinebasis bei Kronstadt zu überwachen. Es gefiel ihm so gut in dieser Gegend, daß er eine Anzahl von Palästen dort errichten ließ, die er Peterhof nannte. Seit 1944 wird es Petrodvorets genannt. Dieses „russische Versailles“ ist sicherlich der eindruckvollste Palast, der je in den ländlichen Bezirken von St. Petersburg gebaut wurde.
War die Innengestaltung unter Peter I. noch bescheiden, davon zeugt das noch erhaltene Eichenholzkabinett, das von der Renovierung verschont blieb, so wurde unter seiner Tochter, Elisabeth I., die sich dem Erbe ihres Vaters verpflichtet fühlte, durch Bartolomeo Rastrelli der Palast umgebaut und die Innenräume gestalte er mit der für ihn typischen Pracht, in jedem Winkel erblickt das Auge verschwenderische Schönheit.
Beim Tanzsaal sagen wir erstmal „oh“,diese Größe, dieser Goldprunk, dieser phantastische Parkettboden!
Das westliche chinesische Kabinett ist nicht ganz unser Geschmack.
Im Bildersaal, eine Galerie schöner Frauen, dabei soll es sich nur um 5 Modelle handeln, die in immer anderen Posen gemalt wurden, lässt mich an die Schönheitsgalerie in Schloß Nymphenburg denken, die Ludwig I. sich einrichtete. Vom Audienzsaal zum Kabinett der Kaiserin, zum Thronsaal, und und und …..
Und alles ist restauriert. Denn auch das ist ein trauriges Kapitel der Geschichte: Nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion 1941 begann man zwar, die Einrichtung der Paläste auszulagern, was zurückblieb, wurde zerstört, geraubt oder ist verloren gegangen. Im Septemer 1941 besetzten deutsche Truppen den Peterhof und wüteten auf unvorstellbare Weise. Sie hinterließen nichts als Schutt und Asche und ein tiefes Trauma. Fotografien im Großen Palast dokumentieren das ganze Ausmaß der Zerstörung.
Ist der Palast heute wieder eine Pracht, so ist jedoch ganz besonders der Peterhof durch seine Gartengestaltung, durch seine Wasserspiele bekannt. „Wasser fließt, sprudelt und spritzt in Peterhof, wohin das Auge blickt.“ Davon konnten wir erst nichts feststellen, da wir an einem besonderen Tag hier waren, dem Tag der russischen Fahne. Schön, alle Balkone mit Stoffbahnen in rot-blau-weiß, den russischen Farben geschmückt. Und weil so ein besonderer Tag ist, sollte erst um 11 Uhr, dann um 12 Uhr das Wasserspektakel gleichzeitig mit einem Konzert beginnen. So machten wir einen Rundgang durch den schönen Park „im Trockenen“ und ließen uns von Nathalie erklären, wie es denn aussehen würde. Aber immerhin, ab 11 Uhr konnten wir dann die diversen Wasserspiele bestaunen. Z. B. Die Schachbrettkaskade oder die beregneten eisernen Nadel- und Laubbäume, die Scherzfontäne an den Bänken, da hat es auch Manfred erwischt und er wurde etwas naß, lediglich die große Kaskade und die Samson Fontäne erlebten wir nicht, aber wir haben es überlebt.
Pünktlich zum Mittagessen waren wir auf dem Schiff zurück und um 14.15 ging es los zur Eremitage.
Wahnsinn !!!
Menschenmassen! Julia gab sich alle Mühe uns durch diese Menschenansammlungen durchzuschleusen, um uns doch wenigstens einige der bekanntesten, berühmtesten Werke zu zeigen. Die Eremitage ist eines der größten Kunstmuseen der Welt. Die Sammlung umfasst rund 3 Millionen Kunstgegenstände, die in der alten und neuen Eremitage sowie im Winterpalast untergebracht sind. Katharina II. legte den Grundstein der Sammlung und baute sie weiter aus. Nikolaus I. erweiterte die Sammlung und den Bau und öffnete 1852 die sogenannte Neue Eremitage dem Publikum. Nach der Oktoberrevolution wurden Privatkollektionen konfisziert, so musste etwa Schtschukin, ein Moskauer Kaufmann, dem Museum 27 Gemälde von Matisse und 31 Picassos „schenken“. Man sagt, wollte man für jedes Kunstwerk eine halbe Minute aufwenden, so bräuchte man für die Besichtigung über fünf Jahre.
Wie soll man so ein Museum beschreiben?
Schon das Treppenhaus, auch wieder von Rastrelli gestaltet, ist überwältigend.
Wir sahen den Peter-Saal, den großen Thronsaal, den Wappensaal, die Heldengalerie, die Statue: Voltaire im Sessel von Jean Antoine Houdon, das Besondere: Beim Umgehen der Statue ändert sich der Gesichtsausdruck. Diese Kunst habe ich im Park in Weimar bei einer Goethestatue bereits bewundert. Weiter: Goldener Salon, grünes Speisezimmer, Boudoir, die Räume, die den Impressionisten gewidmet sind, wie Claude Monet, Auguste Renoir, Camille Pissarro, Paul Cézanne, Vincent van Gogh, Paul Gauguin, dann weiter zu den Meistern der europäischen Avantgarde Anfang des 10. Jahrhunderts: Pablo Picasso, Henri Matisse, Wassily Kandinsky, Skulpturen von Auguste Rodin, jedoch keine von Camille Claudel.
Weiter schieben wir uns durch die Massen: Malachit-Salon, Konzert-Saal, natürlich bestaunen wir die Pfauenuhr und die Madonnenbilder von Leonardo da Vinci und Raffael in den entsprechenden Sälen, Giorgiones Judith und die büßende Maria Magdalena von Tizian, die Raffael-Loggien begeistern und die Oberlichtsäle lassen die Gemälde von Canaletto und Tiepolo in günstigem Licht betrachten. Im Rembrandt-Saal betrachten wir Julias Lieblingsgemälde: Die Heimkehr des verlorenen Sohnes.
Weiter geht es zum Zelt-Saal von Architekt Leo von Klenze, Münchens großem Architekten , und zur Kolywan-Schale von 1847. An dieser berühmten Jasjpis-Schale aus Kolywan arbeiteten die Meister der Kolywaner-Schleifmanfaktur im Altai zwölf Jahre, sie besteht aus fünf auseinandernehmbaren Monolithblöcken, wiegt 19 Tonnen und hat einen Durchmessern von 5 Metern.
Wir eilten durch Säle in denen Objekte der Ägypter, Griechen, Römer, Inder ausgestellt sind.
Was wir noch alles sahen? Ich weiß es nicht mehr.
Nach 2 Stunden kamen wir total geschafft auf den Schlossplatz. Es reichte für mich gerade noch fast laufend wenigstens eine Kunstpostkarte für meine Sammlung zu erstehen: Der Tanz von Henry Matisse.
Was ich bedauere ist, dass wir wegen der Menschenmenge nicht in den Raum kamen, der Michelangelo gewidmet ist.
Jedoch Julia hat für uns das menschenmögliche getan, damit wir einen Überblick bekamen.
Das Gebäude der Eremitage beschreiben? Nein, kann ich nicht, so riesig. Es setzt sich zusammen aus dem Winterpalast, der Kleinen Eremitage, das erste private Museum Katherinas II, der Alten Eremitage mit dem Eremitage-Theater sowie der Neuen Eremitage, erstes öffentliches Museum. In den letzten Jahren kam zu diesem historischen Kern noch das Menschikow-Palais, das Generalstabs-Palais und das Gebäude neben dem Theater hinzu. Zum ersten Mal öffentlich zugänglich wurden die Sammlungen der Eremitage 1852 als Kaiserliches Museum. Die heutige Bezeichnung lautet Staatliche Eremitage.
Der Schlossplatz? Gigantisch. Wie hieß es: Die Stadt ist für Riesen gemacht.
Den Platz begrenzt vor allem das monumentale Generalstabsgebäude mit seinen Bögen, ein klassizistisches Bauwerk, und die südliche Fassade des Winterpalastes, ein Meisterwerk des Barock.
Zunächst mag es den Anschein haben, als könnten so unterschiedliche Architekturen nur schwer miteinander harmonisieren, jedoch vermittelt die gesamte Platzanlage zusammen mit dem Gardekommando und der gewaltigen Alexander- Säule einen einheitlichen Gesamteindruck. Dieser gewaltige Platz ist mit 59.964 qm einer der größten Plätze von St. Petersburg.
Wie habe ich gelesen? „Kein Platz Europas kann sich an Eleganz mit dem von großartigen Bauten eingerahmten weitläufigen Schlossplatz messen.“
Die 47 m hohe Alexandersäule in seiner Mitte, das höchste Denkmal dieser Art auf der Welt, erinnert an den russischen Siegt über Napoleon unter Zar Alexander I.
Der Bus fährt vor. Super Service. Und gegen 18.30 sind wir zurück auf dem Schiff.
Für 19 Uhr ist der Abschied von St. Petersburg angesagt. „Leinen los!“ lautet das Motto und kurz darauf wird auf Deck bei Sonnenschein der Begrüssungs-Cocktail gereicht: Kapitän Ivan Puchkov lädt ein und Cruise Managerin Martina stellt die Crew vor und informiert über die Sicherheit an Bord.
Um 19.30 findet das Abendessen statt. Manfred und ich haben einen runden 5er-Tisch für uns alleine und zudem einen herrlichen Blick links und rechts und rückwärts. Die für uns zuständigen jungen Damen, Elena, Irina, Nathalie und Anastasia, sind nett und zuvorkommend, wenn auch manchmal Sprachprobleme auftreten.
Trotzdem: Wir sind zufrieden.
Ein Absacker in der Panoramabar – natürlich: Wodka. Hier hat man das Gefühl über das Wasser zu gleiten und wir bleiben solange auf bis wir um 22 Uhr die Schlüsselburg passieren.
Das bedeutet, wir verlassen die Newa, die, auch wenn sie vom Ladogasee bis zum Finnischen Meerbusen nur 74 km zurücklegt, spielt sie in der Geschichte Russlands eine bedeutende Rolle. Natürlich ist der Fluß mit der Stadt Peters des Großen untrennbar verbunden: Die Newa bestimmt die Konturen St. Petersburgs und prägt sein Antlitz In früheren Jahren verursachte sie oft Überschwemmungen. Der Fluss bringt Feuchtigkeit, Nebel und ist im Winter von einer dicken Eisschicht bedeckt – aber im Sommer genießt die ganze Stadt die Weißen Nächte an seinen Ufern.
Zur Schlüsselburg lässt sich sagen, dass sie ihre heutige Bedeutung durch ihre Schiffswerften erlangte. Auf einer gegenüberliegenden Insel im Ladogasee befindet sich die gleichnamige Festung, die 1323 gebaut wurde und 1611 an die Schweden fiel. Peter der Große befreite sie von der schwedischen Herrschaft und nannte sie fortan Schlüsselburg. Bald darauf jedoch verlor die Festung ihre militärische Bedeutung und diente bis zur Revolution 1917 als Gefängnis für politische Häftlinge und hochstehende Persönlichkeiten, wie zum Beispiel mehrere Mitglieder der Zarenfamilie . Lenins Bruder Alexander wurde hier erschossen.