Vier Wanderfreundinnen – eine Woche „Wander- und Entdeckungsurlaub“ auf El Hierro
Sonntag, den 12. März 2006
Der südwestlich Teil sollte erkundet werden. Diese urtümliche Landschaft aus gewaltigen Lavahängen, Vulkanen und Viehweiden. El Julán – Land der Bimbaches. Daher Abfahrt um 9 Uhr Richtung Hoyo de Mocillo. Die durch den Wald führende, asphaltierte Straße brachte uns – ohne ein weiteres Auto auf dieser Strecke – zur Infosäule: Letreros. Hier machten wir uns schlau, dass hier in dieser Gegend zahlreiche Zeugnisse der Steinzeitkultur der Ureinwohner zu finden sind. Hier war auch ihr großer Versammlungsplatz, der Tagoror, auf dem ihr König und die Ältesten des Stammes Rat hielten. Da jedoch der Abstieg mit 1 3/4 Stunde sowie der Aufstieg mit 2 1/2 Stunden steilste Strecke angegeben war, verzichteten wir auf diese kräftezehrende Tour und mußten mit den Angaben auf der Infosäule vorlieb nehmen. „An den auf steilen Pfaden zugänglichen Buchten am Meer sammelten sie Lapas von den Felsen ab. Reste ihrer Mahlzeiten, die leeren Schneckenschalen finden sich heute noch in den Concheros unweit des Tagoror. Schließlich ritzten sie hier die Letreros, ihre bis heute rätselhaft gebliebenen Schriftzeichen und Botschaften, auf flache Lavaplatten.“
Wir entdeckten auf eigene Faust ein großes Gelände auf dem offensichtlich ein altes, aus Lesesteinen erbautes Haus, renoviert wird. Herrlicher Blick auf die Küste, Bienengesumme und Blumen erfreuten uns.
Kam doch tatsächlich ein Auto! Wir empfanden es als Ruhestörung!
Wir fuhren weiter: Der Leuchtturm – Faro de Orchilla – war unser Ziel.
Hier ist die Stelle, an der 150 n.Chr. der griechische Astronom, Mathematiker und Geograf Claudius Ptolemaeus auf seiner Weltkarte den Null-meridian festlegte und damit den Leuchtturm zum westlichsten Punkt der damals bekannten Welt machte.
Die letzten 3 km ging es auf einer staubigen Erdpiste bergab. Ein anderer Wagen hatte es auch noch bis hierher geschafft. In der Ferne sahen wir ein paar Fischer, sonst nichts. Ausgerechnet hier sollte nach Plänen des Nationalen Raumfahrtzentrums eine Satellitenabschußrampe gebaut werden.
Der Faro de Orchilla wurde 1930 fertiggestellt, seither ist er Orientierungspunkt für die Schiffe nach und von Südamerika. Das Gebäude ist heute verschlossen, es beherbergt nur noch die Technik, seitdem der Leuchtturm vollautomatisch funktioniert. Bis 1994 lebte hier noch der Leuchtturmwärter, mal allein, in früheren Zeiten auch mit Familie. Den Job am Ende der Welt teilten sich zuletzt drei Leuchtturmwärter, die hier jeweils vier Monate verbrachten und danach ein halbes Jahr frei hatten.
Auf dem Rückweg zur Kapelle der Virgen de los Reyes schreckten wir ein paar Rebhühner auf.
Die Eremita de Los Reyes erhebt sich strahlend weiß vor uns. Einige Inselbewohnerinnen brachten zu Ehren Marias Blumen zum Sanaturio. Wir besichtigten die kleine, schlichte Kapelle in der die kleine Madonnenfigur auf ihrem barocken Altar dominiert. Ihr beigestellt sind die Figuren der heiligen Drei Könige. Das Santuario ist ein wunderschöner Platz und das religiöse Zentrum El Hierros.
Aus dem Reiseführer:
„Im Jahre 1546 bekommt El Hierro seine Schutzpatronin: Am Dreikönigstag landet die Virgen de Los Reyes auf der Insel. Sie landete zwar sagenumwoben, aber doch auf recht profane Weise auf El Hierro: Im Tausch gegen Schiffsproviant.
Ein Segelschiff war damals im Unwetter an die Küste von Orchilla getrieben, Hirten aus der Dehesa halfen der Besatzung, der die Vorräte ausgegangen waren, mit Käse und Fleisch aus der Not. Als Dank überließen die Seeleute ihnen eine Madonnenfigur, die die guten Hirten Virgen de Los Reyes nannten und fortan als ihre Schutzpatronin verehrten. Zuerst in einer Höhle, der Cueva del Caracol, später in einer kleinen Kapelle.
Im Jahre 1614 machte sie durch ein Regenwunder von sich reden. Während einer fürcherlichen Dürreperiode hatten die Hirten die Patronin zum ersten Mal in einer Bittprozession bis nach Valverde getragen – prompt fing es an zu regnen, als sie die Virgen über die Schwelle der Kirche trugen. Als sich dieses Wunder während der nächsten verheerenden Dürre 1741 noch einmal wiederholte, war die Virgen de Los Reyes endgültig zur Schutzheiligen der Insel avanciert und die Herreños beschlossen, der Madonna von nun an regelmäßig mit einer Prozession über die ganze Insel zu huldigen: Die Bajada war geboren. Seit damals pilgert das Inselvolk alle vier Jahre in der Nacht zum ersten Julisamstag zum Heiligtum ihrer Virgen in der Dehesa und wartet dort auf den Beginn der großen Prozession. Die Madonnenfigur wird in einer einzigartigen Prozession über 28 Kilometer und sämtliche Höhenzüge der Insel getragen. Alles, was Beine hat, begleitet die Jungfrau von ihrer Einsiedelei im äußersten Südwesten bis hinunter nach Valverde am anderen Inselende. Einen Monat lang weilt die Virgen unter ihren Schützlingen und das wird gefeiert bis zur Erschöpfung.“
Im Jahr 2009 wird es wieder so weit sein..
Nachdem wir den Weg Richtung Mirador de Bascos erfragt hatten, setzten wir uns wieder in den Wagen und fuhren über Erdpisten bis El Sabinar.
Wir waren wie hypnotisiert: Vor uns sahen wir die ersten Exemplare der vom Wind gekrümmten, uralten Wacholderbäume – der prächtige Baum gleich vorn an der Piste ist eines der Wahrzeichen El Hierros und ein unzählige Male fotografiertes Postkartenmotiv. Natürlich auch von mir.
Die Drei mußten schon über mich lachen, da ich total fasziniert war von diesen tief gebeugten, silbergrau gefärbten, in sich gedrehten Baumstämme, die immer noch mit Leben erfüllt sind und Wind und Wetter trotzen.
Das Alter der größten Sabinas wird auf mehrere hundert Jahre geschätzt und nur hier im äußersten Westen El Hierros steht der größte zusammenhängende Wald dieser mythischen Bäume.
Unser Wanderweg auf der Dehesa, der Hochebene, war wunderschön. Wie Steingärten sind ganze Strecken gestaltet, Steine mit Flechten überzogen, Margariten und selbst hier oben noch Getreideflächen.
Nach einer Stunde – vorbei an einem großen Wasserreservoirbecken – waren wir auf dem 659 m hoch gelegenen Mirador de Bascos. Von einer steingefassten Anlage hatten wir einen wunderbaren Blick hinunter auf die Tiefebene von El Golfo und auf große mit Margariten bedeckte Flächen.
Unsere Trinkflaschen konnten wir an einer Wasserzapfstelle auffüllen und Wanderlieder schmetternd machten wir uns auf den Rückweg.
Unser Wagen brachte uns nun über die in steilsten Serpentinen abwärts führenden Straße nach Pozo de Salud.
Der Blick auf das Meer links und die Hänge rechts, die sich uns in silbergrau vom Wermut und gelb von bereits verblühenden Tabaibas präsentierten, ließ uns immer wieder einen „Bewunderungsstopp“ einlegen.
Erst suchten wir vergeblich beim Pozo de Salud die natürlichen Badebecken bei Charco Azul (Blauer Teich), stießen dann etwas weiter auf der Küstenstraße auf Charco Azul de Sabinosa. Den Abstieg über viele Treppen sparten wir uns und genossen das anbrausende Meer von einer Balustrade aus.
Hunger! Immerhin war es inzwischen 15.30 Uhr. Wieder verließen wir uns auf den Reiseführer, dass in Sabinosa das Restaurant Sabinosa zum schlichten, guten Essen einlade. Wir waren die einzigen Gäste und wurden vom Besitzer liebevoll erst mit Oliven, dann Schafskäse sowie Brot mit selbstgemachter grüner Mojo verwöhnt, bis die Tochter den bestellten Choco sowie die Teller zum ersten Stock hinauftrug. Vermutlich kochte dort oben „Mutti“ und wenig später bekamen wir den bestellten Salat für 4 Personen, üppig bemessen sowie den Choco und das bestellte Fleisch in Sauce. Zum Nachtisch teilten wir uns eins von den berühmten quesadillos. Einmütig stellten wir fest, den Ort der Käsekuchenherstellung müssen wir nicht besuchen. Unser selbstgemachter Käsekuchen ohne Boden schmeckt besser. Der hausgemachte Wein, der mehr an Sherry erinnert, riss uns auch nicht vom Hocker. Aber auf alle Fälle hatten wir inseltypisch gegessen.
Ich war heute fein heraus: Meine Mitwanderinnen hatten sich als Dankeschön für mein Chauffieren die Einladung zum Essen ausgedacht. Ich nahm dankend an und freute mich über die nette Geste.
Der schnellste Weg zurück, so wurde uns erklärt, ist durch Frontera und den Tunnel.
In Mocanal machte ich den Vorschlag, noch einen Abstecher zum 5 km entfernt gelegenen Pozo de las Calcosas zu machen. Über eine wieder serpentinenreiche Straße gelangten wir zur winzigen Ermita San Lorenzo. Ein paar Schritte weiter hatte man einen guten Blick auf das unten am Meer gelegene alte Sommerdorf, zu dem eine steile Treppe hinunterführt. Jedoch die Knie von zwei Wanderfreundinnen streikten. So sahen wir auf die strohgedeckten Häuser, die sich auf einer Lavazunge ausbreiten, die aussieht, als habe sie sich vor kurzem erst ins Meer geschoben.
Die Rückfahrt führte uns durch das Dörfchen Echedo, das, wie der Reiseführer berichtet, sich in den letzten Jahren immer mehr zu einem beliebten Wohnsitz im Norden der Insel entwickelt hat. Das Klima ist hier angenehmer als in der 200 m höher gelegenen Hauptstadt.
Um 18 Uhr waren wir zurück, haben 137 km gefahren, was jedoch nicht wirklich etwas aussagt, da wir zu großen Teilen nur im 2., zum Teil sogar im 1. Gang, fahren mussten und vielleicht eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 oder 40 km hatten.
Wir machten noch einen kleinen Strandspaziergang in der Hoffnung, ein paar Muscheln zu finden. Mit ein paar hübschen Steinen waren wir auch zufrieden und registrierten die Anstrengung der Inselregierung eine ansprechende Strandpromenade zu gestalten.