Artikel getaggt mit Assuan-Staudamm

Ägypten – Samstag, 24. Januar 2009

5. Tag

Assuan – Isis-Tempel

Die Nacht über ankert unser Boot an der Nilinsel Kobania.
tag05_0020Welche Überraschung am Morgen: Keine Sonne, trüb, ein kalter Wind begleitet uns auf dem letzten Stück Nilfahrt nach Assuan. 9 km vor Assuan legt die Dahabeya am linken Nilufer an.
Wir frühstücken zum ersten Mal unter Deck.
Heute Vormittag ist die Besichtigung des Isis-Tempels auf der Insel Agilkia, oder auch Neu-Philae genannt, angesagt.
Ahmeds Organisation klappt wieder hervorragend. Wir fragen uns, wie das früher gehandhabt wurde als es noch keine Handys gab.
Nach dem Frühstück, um ½ 9 Uhr,  holt uns ein kleines Motorboot-Fährschiff ab,  um uns über den Nil zu bringen. Wir klettern eine kleine Anhöhe hinauf und schon werden wir von einem kleinen Bus erwartet, der uns zur Bootsanlegestelle zum Isis-Tempel in Assuan bringt.

Dort herrscht bereits reges Treiben, jedoch – wie durch Zauberkraft –tag05_0070 haben wir in Null Komma Nix wieder ein Motorboot für uns, das uns an phantastischen Felsformationen vorbei – sie gehören zum 1. Katarakt – zur Insel bringt.
Wir steigen zum Isis-Tempel hinauf und, wie könnte es anders sein? Ahmed erklärt:
„Erstmal die Geschichte der Insel Philae. Sie wird als die Perle Ägyptens genannt. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts, während des Baus des ersten Damms, wurde die Tempelanlage für mehrere Monate unter Wasser gesetzt.
Nach dem Bau des Assuan-Staudamms 1971 war der Tempel komplett unter Wasser. Ägypten bat die Welt um Hilfe und 40 Länder, darunter auch Deutschland, beteiligten sich an dieser Rettungsaktion.
Der erste Vorschlag, die Insel Philae komplett mit Glas zu ummanteln, wurde verworfen.
Der zweite Vorschlag kam zum Tagen: Zuerst wurde um die Insel ein Damm gebaut, das Wasser abgepumpt und die Bauwerke konnten dann austrocknen. Danach wurden die Steine nummeriert, in 37.363 Blöcke, die zwischen 2 und 25 t schwer waren und auf die 300 m entfernte, höher liegende Insel Agilkia verfrachtet und originalgetreu wieder aufgebaut. 3 Jahre nahmen diese Arbeiten in Anspruch und seit 1979 steht Philae auf der Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten.

Der älteste Bauteil von Philae stammt aus der Zeit Nektanebos I. (30. Dynastie), dann führten die Ptolemäer den Bau weiter und selbst die Römer bauten noch daran. Die Dekorationen stammen aus dieser Zeit.
Isis war sicher die beliebteste ägyptische Göttin. Sie stand als Göttin für die königliche Macht, sie war Gemahlin des Osiris und Mutter des Horus. Sie konnte das Dies- und Jenseits miteinander verbinden. Sie war gleichzeitig Mutter-, Frauen-, Geburts- und Totengöttin. Sie ist die Tochter des Geb und der Nut.

Der Isis-Kult ist derjenige, welcher der römischen Christianisierung am längsten widerstand. Selbst das Edikt des Kaisers Theodosis, der das Christentum 391 n. Chr. zur Staatsreligion erklärte, konnte die hartnäckigen Isisverehrer nicht von der Insel vertreiben. Der Tempelbetrieb wurde erst 537 n. Chr. auf  Befehl Kaiser Justinian I. eingestellt.

Ahmed weist noch daraufhin, dass die letzte Hieroglypheninschrift  aus dem Jahre 394 n. Chr. stammt.
Inzwischen sind wir oben am Tempel angekommen und sehen zwei langetag05_0110 Säulengänge, die den Aufgang zum Haupt-tempel flankieren. Wir stehen vor dem ersten Pylon, 45,8 m hoch und 18 m breit. Ptolemäus der XII ließ sich über-dimensional darstellen, nach dem Motto: „Ich bin da, ich bin der Herrscher“. Er tag05_0113opfert Isis, ihrem Sohn Horus, Ihrer Schwester Nephthys und der Göttin Hathor und wirft die Feinde nieder.
Vor dem Sockel gab es zwei Obelisken und zwei Löwen aus Granit.
In den seitlichen Nischen gibt es Halterungen für die Fahnen, die zu den verschiedenen Anlässen gehisst wurden.
Erinnerungsschriften der Franzosen von 1780 gedenken an den Kampf
der Franzosen gegen die Mamluken.

Wir betreten den Tempel und Ahmed macht uns neugierig, er will uns
etwas zeigen, das nur einmal in Ägypten dargestellt ist. Aber erst später.

Zuerst bestaunen wir im Innenhof die Säulen, die an den oberen Enden tag05_0225das Gesicht der Göttin Hathor tragen. Nur diese Göttin wurde von vorne abgebildet, die Gesichter aller anderen Götter sind immer von der Seite dargestellt.

Von dort gelangen wir in den beeindruckenden tag05_0226Hauptteil, den eigentlichen Isistempel, welcher der Göttin und ihrem Sohn Hapokrates geweiht war.
Ahmed erklärt uns, dass die Bezeichnung „Harpokates“ die Bezeichnung für Horus in kindlicher Form war. In der Darstellung „Horus als Kind“ wurde er nackt mit Jugendlocke und Finger im Mund abgebildet, teilweise auch auf dem Schoß seiner Mutter Isis sitzend.

Auf dem zweiten Phylon sehen wir wieder Ptolemäus den XII. wie er dentag05_0224 Göttern opfert. Innerhalb des Vorhofes befindet sich eines der schönsten und besterhaltensten Geburtshäuser. Die Reliefs dort zeigen Szenen aus der Kindheit des Horus, dem Sohn der Isis, die mit diesem Haus für die Geburt geehrt wurde. Dem Geburtshaus gegenüber liegen Gebäude für die Priesterschaft.

Der große Granitstein ist eine Schenkung tag05_0170Ptolemäus des VI., denn in seinem  24. Regierungsjahr war er hier.
Ahmed macht uns auf die stark zerstörten Reliefs aufmerksam, wie wir sie bereits im Edfu-Tempel gesehen haben. Dies haben die Christen zu verantworten, denn in römischer Zeit wurde der Tempel in eine Kirche umgewandelt. Wir sehen überall christliche Inschriften und Kreuze.

Durch eine Seitenpforte gelangen wir zum Hadrianstor, das auf die dem  ursprünglichen Standort benachbarte Insel Bigge ausgerichtet war. Der Sage nach fand Isis auf Bigge den Kopf von Osiris und hier soll sich auch das Grab des Osiris befinden.

Im Hadrianstor ist die von Ahmed versprochene einmalige Darstellung, die es sonst nicht in Ägypten gibt:
„In der Nordwestecke des Tors sehen wir ein kleines Relief:tag05_0160
In seiner Höhle, tief unter den Granitblöcken des Katarakts, kauert der Nilgott Hapi. In den Händen hält er zwei Gefäße, aus denen der Fluss gespeist wird und eine Schlange umrankt das Ganze.“
Man nahm früher an, dass die Quelle des Nils hier im 1. Katarakt lag.
tag05_0190Ahmed macht uns noch auf eine schöne Darstellung des Osiris in Gestalt eines Vogels aufmerksam mit seiner Seele KA, dem Doppelgänger.

Wir machen noch einen kleinen Spaziergang vorbei am Hathortempel, der von Ptolemäus VI. und VIII erbaut wurde, unter Kaiser Augusts wurden Erweiterungsarbeiten fortgeführt. Hathor, die Göttin der Liebe und Mutterschaft. Diesen Tempel darf mantag05_0238 nicht betreten, jedoch macht uns Ahmed von außen auf die Reliefs aufmerksam, die den Gott Seth zeigen wie er Harfe und Tamburin spielt.
Natürlich besichtigen wir auch noch den Trajanskiosk, der unterKaiser Trajan (98 – 117 n. Chr.) erbaut worden sein soll. Er sollte eine Ost-West-Prozessionsachse zum  Haupttempel schaffen. Das Bauwerk blieb jedoch unvollendet, da Reliefs und Inschriften fehlen.

Anschließend haben wir uns eine Teepause verdient. Ahmed unterbreitet uns die Alternative für die Gestaltung des Nachmittags:
Wir haben die Möglichkeit, jetzt wieder zum Schiff zurückzukehren, dort Mittag zu essen und am Nachmittag den fakultativen Ausflug auf die Insel Elephantine und die Besichtigung eines nubischen Dorfes sowie die Stadtrundfahrt vorzunehmen.
Oder: Wir schließen diesen Ausflug jetzt sofort an, nehmen ein späteres Mittagessen zu uns und machen am Nachmittag – nach einer Ruhepause – die Stadtrundfahrt mit Besichtigungen.
Wir entscheiden einmütig: Späteres Mittagessen.
Also ordert Ahmed wieder ein Motorboot und es geht zurück zur Anlegestelle. Wo wir bereits wieder von dem Minibus erwartet werden und erst mal zum Assuan-Staudamm weiterfahren.

Tags: , , , , , , , , , , , , ,

Ägypten – Samstag, 24. Januar 2009

5. Tag

Assuan-Staudamm

So, es ist 10 Uhr und wir fahren auf dem Weg nach Elephantine über den Damm des „alten Dammes“.
Während der Fahrt erklärt uns Ahmed wieder wie es dazu kam:
„Um die jährlichen Nilüberschwemmungen in den Griff zu bekommen, wurden ausgerechnet hier in Assuan mehrere Dämme errichtet. Bereits 1898 bis 1902  begann man mit dem Bau eines  Dammes, der heute als der „alte Damm von Assuan“ bezeichnet wird. Dieser wurde mehrfach vergrößert. Er wurde aus Granit erbaut und ist 52 m hoch. Durch 180 Öffnungen des Damms  floss das Wasser – inklusive des Nilschlamms – und 5.2 Millionen Kubikmeter wurden gespeichert. Der Damm ist 2,6 km lang und die Krone  12 m breit.
Er war damals der größte Staudamm der Erde.

Da diese Dimension jedoch nicht ausreichte, wurde zwischen 1960 und 1970 etwa 7 Kilometer südlich der Stadt Assuan der jetzige Hochdamm erbaut.

Er hat andere Dimensionen als der „alte Damm“:
tag05_0290Am 19. Januar 1971 wurde er eingeweiht. Er ist 114 m hoch, 3,5 km lang, die Krone ist 100 m breit, die Sohle 960 m. Ein Wasserkraftwerk dient der Stromerzeugung.
Der Damm stellt eine architektonische und technische Meisterleistung sowjetischer Ingeniere dar. Der dahinter aufgestaute See, der Nassersee ist rund 500 km lang, fasst 165 Milliarden Kubikmeter Wasser, hat jedoch zur Zeit nur 84 Milliarden Kubikmeter. Die Fläche ist 5.250  qkm , davon liegt 1/3  im Nachbarland Sudan.
Das Wasser des Nils wird dem Nassersee durch einen Kanal zugeführt.
Man erreichte mit dem Bau des Damms zwar das vordringliche Ziel, die teilweise verheerenden Nilüberschwemmungen zu verhindern und die Bewirtschaftung der entsprechenden Bereiche auf das ganze Jahr auszudehnen, jedoch wurde dadurch auch der fruchtbare Nilschlamm zurückgehalten und nun muss künstlich gedüngt werden. Außerdem erfolgt flussabwärts aus Mangel an dem sonst zugeführten Nilschlamm Erosion, Ackerland wird weggespült und Uferbefestigungen werden beschädigt.
Zudem erstreckt sich der Stausee über das frühere Siedlungsgebiet der Nubier. 60.000 Einwohner mussten umgesiedelt werden, zum größten Teil in die Gegend südlich von Kom-Ombo.
Ein weiterer großer Nachteil: große Kulturschätze, wie z.B. Abu Simbel wurden geflutet und mussten mit enormem Kostenaufwand umgesetzt werden. Auch der  Kalabscha-Tempel aus ptolemäischer Zeit, der Felsentempel Bet el-Wali sowie der Kertassi-Tempel. Alle wurden wegen des steigenden Wassers 30 Kilometer weit weg in die Nähe des Staudammes versetzt “

Ahmed führt weiter zur Geschichte des Staudamms aus:
„Nasser, der 1953 durch einen Militärputsch an die Macht gekommen ist, bat die ganze Welt um Hilfe für den Bau eines größeren Staudamms. Ursprünglich hatten Italien, USA und die Weltbank finanzielle Unterstützung zugesagt, zogen diese jedoch aus politischen Gründen zurück.
So musste sich   Nasser einen neuen Finanzpartner suchen und fand ihn in der Sowjetunion. Die Sowjetunion schickte 2.000 Ingenieure und rund 35.000 ägyptische Arbeitskräfte fanden eine Beschäftigung.
Am 9. Januar 1964 wurde östlich vom Staudamm ein Kanal gebaut, um die Bewässerung weiter sicherzustellen.
Der Staudamm ist kein attraktives Gebäude, es ist ein riesiges Bauwerk. Es tag05_0320besteht aus einer Aufschüttung von Sand, Kies und Lehm, wurde mit Beton ummantelt, 40.000 t Material. Nach Meinung der Architekten handelt es sich um das 17fache Gewicht der großen Pyramiden.
Nach dem Bau des Staudamms stieg die Einwohnerzahl Ägyptens von 7 Millionen auf 41 Millionen. Heute zählt Ägypten rund 80 Millionen Einwohner.“

Wir fahren am sogenannten „Ehrenbogen“, einem Denkmal der ägyptisch-sowjetischen Freundschaft vorbei. Schön ist anders und biegen auf den neuen Staudamm ab.
Selbstverständlich muss Ahmed auch hier wieder Tickets, wie bei allen Sehenswürdigkeiten kaufen. Ein Photostopp, ein  Blick in die Tiefe, ein Blick in Richtung Elephantine, wohin nun unsere Fahrt weiter geht.
Leider ist es immer noch trüb und unfreundlich frisch.

Tags: , , , , , , , ,