4. Tag
Darau
Die nächste Attraktion des Tages wartet auf uns. Der Kamelmarkt in Darau.
Wie nennt mein lieber Mann unsere Reise?
Eine „GLÜCKSKINDERREISE“!
Und wirklich, alles stimmt:
Die Harmonie mit dem mitreisenden Ehepaar,
Ahmed, der einfühlsame Reiseleiter,
die freundliche und kompetente Schiffsbesatzung,
die Annehmlichkeiten und Bequemlichkeiten des Schiffs,
die vorbeiziehende Natur,
das Leben und Treiben am Fluss,
das Wetter!
Also: Eine Glückkinderreise.
Wir sind mit dem Vorschlag von Ahmed einverstanden, das Mittagessen auf später zu verlegen, da wir die Möglichkeit haben gegen 12 Uhr kurz vor Darau anzulegen.
Idyllisch. Wir legen an der „grünen Wiese“ an, spazieren ca. 10 Minuten an Kühen, Eseln und Ibissen vorbei bis zur Anlegestelle der Fähre und dem Taxi-Sammelplatz. Das uns entgegeneilende dreirädrige Taxi verschmähen wir, wir genießen den Spaziergang.
Das Organisationstalent von Ahmed kommt wieder voll zum Tragen.
Wir werden von einem Minibus der Agentur Memnon erwartet, der uns nach Darau (ca. 20.000 Bewohner) bringt.
„Darau ist seit über vierhundert Jahren Endstation der berühmt-berüchtigten „Straße der vierzig Tage“. Auf diesem alten Karawanenweg wurden früher nicht nur die Kamele, sondern auch die bedauernswerten Sklaven aus dem Sudan auf die Sklavenmärkte nach Ägypten verschleppt.
Heute befindet sich in Darau noch einer der größten Tiermärkte Ägyptens.“
Vorbei an einem lebhaften Markt und den vor der überfüllten Moschee betenden Moslimen gelangen wir an den Kamelmarkt.
Hier versagt zum ersten Mal Ahmeds Information. Heute, am Freitag, sprich Sonntag, findet kein Kamelmarkt statt. Dieser findet am Donnerstag, sprich Samstag, statt.
Es ist der einzige Kamelmarkt Oberägyptens. Bis zu 10.000 Kamele stehen dann zum Verkauf an. Sie werden aus bis zu 500 km entfernten Gebieten, heute meist mit Lkws, angeliefert. Bis zu 200 Kamel-karawanen treffen jedes Wochenende hier ein. Die Kamele werden von Bauern für den eigenen Bedarf, für die Landwirtschaft, für den Zuckerrohtransport gekauft.
Ahmed klärt uns auf, dass es sich eigentlich um Dromedare handelt, sie werden aber als Kamele bezeichnet.
An Hand der Färbung der Kamele und der Stempel ist auszumachen, welche Sippe sie züchtet. Der Preis eines Kamels schwankt zwischen 5.000 und 10.000 ägyptischen Pfund.
Wir treffen in den Gevierten lediglich ca. 50 Kamele an. Aber auch die reichen uns.
Einige Kinder bringen gerade Grünfutter für die Tiere und sie öffnen uns die Gatter, so dass wir die Kamele aus nächster Nähe in Augenschein nehmen können.
Ein kleines achtjähriges Kerlchen amüsiert uns mächtig.
Er spielt sich als der künftig Händler auf und nennt sich „Harhep der Händler“ und schwingt schon gekonnt sein Stöckchen. Wir können ihn uns gut als späteren, gewieften Händler vorstellen.
Ahmed will er sein Stöckchen für 15 ägyptische Pfund verkaufen. Geht auf 10 Pfund herunter, um schließlich bei 5 Pfund zu verkünden, dieser Preis gelte nur, da sie ja Freunde wären. (Sie hatten sich noch im Leben gesehen!) Aber selbst unter diesen Bedingungen verzichtet Ahmed.
Der Minibus bringt uns zum Obst- und Gemüsemarkt und auf Wunsch des Ehepaares werden Rucola und Koriander erstanden. Die anderen Lebensmittel besorgen der „Manager“ des Schiffs mit einem weiteren Mitglied der Schiffsbesatzung. Also wirklich marktfrisch.
Es geht zurück zu Fähranlegestelle und Ahmed heuert 3 dreirädige Mini-Taxis an, die uns die kurze Strecke bis zur Dahabeya bringen sollen.
Wir würden zwar gerne gehen, auch wenn es absolute Mittagshitze ist, jedoch wir denken, Ahmed ist es seinem Prestige schuldig, die Taxifahrer etwas verdienen zu lassen.
13.30 Uhr sind wir wieder auf dem Schiff. Kurz frisch gemacht und schon wird an Deck das Mittagessen serviert.
Zum „Nachtisch“ spiele ich mit Ahmed Domino und verliere dreimal haushoch.
Danach ist Siesta angesagt. Mein lieber Mann zieht die kühle Kajüte bis halb Fünf Uhr vor und ich lese an Deck im Schatten und genieße zwischendurch immer wieder „Schau-Pausen“.
Um 19.30 Uhr gibt es Abendessen:
Das Menü: Vorweg Linsensuppe mit Zitrone, schmeckt überraschend gut, dann eine Art Gulasch, dazu Reis und Salat (auf den wir wieder verzichten) und eine Art Spinat, der getrocknet und dann mit Wasser angerührt wird. Na ja!
Die Rache der Pharaonen hat meinen lieben Mann eingeholt und er verzichtet auf das Abendessen. Stattdessen: 10 Kohletabletten und 2 Fortasec.
Zum Nachtisch spielt die Schiffsbesatzung wieder zum Tanz auf und erfreut uns mit nubischen Gesängen.
Später erzählt uns Ahmed von seinen Freunden, dem Hochzeitsbrauch in Ägypten (seine eigene steht wohl im März bevor) und dass seit 1994 die Beschneidung der Frauen laut Gesetz verboten ist, dass sich aber leider in den Dörfern noch längst nicht alle daran halten.
22.30 Uhr: Gute Nacht!