Archiv der Kategorie 2006 Wasserwege der Zaren

Die Wasserwege der Zaren (1)

St. Petersburg – Moskau
20.8. bis 30.8.2006

Sonntag, 20.8.2006
Morgens um 10.30 Uhr holte uns Taxi Schlösser zu Hause ab und fuhr uns für Euro 23.50 zum Bahnhof nach Siegburg. Der ICE ging pünktlich um 11.12 Uhr ab und war um 11.50  Uhr am Flughafen Frankfurt. Mit Sitzplatzreservierung und Fahrtkosten waren wir mit 102,-  Euro dabei. Wir hatten reichlich Zeit, – durch verschärften Sicherheitskontrollen durch den Terrorverdacht in England , hatten wir einen Puffer gelassen – da unsere Maschine erst um 16.15 Uhr abflog. Durch zwei Stunden Zeitverschiebung landeten wir um 20.25 in St. Petersburg.
Das Abholen durch Viking River Cruises klappte prima. Wir waren 6 Personen die mit diesem Flugzeug ankamen und in einem Minibus ging es in einer halben Stunde Fahrt – bereits mit Erklärungen durch die Reiseleiterin Nelly – zum Hafen.
Hier wartete bereits die Mikael Lomonosov auf uns.
Unsere Kajüte, Nr. 418, war zu unserer vollsten Zufriedenheit. Großzügig, mit 2 großen Fenstern, schöner Dusche, ansprechend eingerichtet. Erst ging es zum Abendessen und dann war Kofferauspacken angesagt, während dieser Zeit meldete Manfred uns bereits für den fakultativen Ausflug nach Peterhof an. 23.30 Uhr war Bettzeit.  Mit Ohrstöpseln, da das Gewummere der Maschinen für mich zu laut war. Aber so ging es.

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Die Wasserwege der Zaren (2)

St. Petersburg – Moskau
20.8. bis 30.8.2006

Montag, 21.8.2006
Bereits um 6 Uhr ließen wir uns wecken, da um 8.15 Uhr die Busse zum ersten Ausflug starteten.
Wir entschieden, den Bus Nr. 11 zu nehmen, die Reiseleitung hatte dort eine junge Russin, Julia. Nelly, die wir am Tag vorher kennengelernt hatten, sagte uns nicht so zu.
Das Ziel war das etwa 30 km südlich von St. Petersburg gelegene Zarskoje Selo, dies bedeutet Dorf des Zaren.
Es besteht aus einem außergewöhnlichen Ensemble von Palästen und Parkanlagen, die Werke berühmter russischer und europäischer Architekten des 18. – 19. Jahrhunderts sind. Seit 1937 benannte man diesen Ort nach Alexander Puschkin, dem größten russischen Dichter. Während der Busfahrt las uns Julia Gedichte Puschkins vor und sie ist der Überzeugung, jeder Russe kennt und liebt Puschkin. 1710 kam das Gebiet nach dem Willen des Zaren in den Besitz der Frau Peters, der zukünftigen Zarin Katharina I. Nach ihr benannte man den Palast, dessen Bau damals begonnen wurde. Unter der Herrschaft von Elisabeth (1741-1761) – Tochter von Zar Peter I. und Katharina I. – wurde der Palast mehrfach von russischen Architekten umgebaut. 1762 beauftragte man Francesco Bartolomeo Rastrelli, den großen Barockarchitekten, mit der Erneuerung von Katherinas Palast. Rastrelli verband die einzelnen Bestandteile zu einem einheitlichen Bauwerk, der erneuerte Palast gewann eine größere Höhe und seine Haupt-fassade erreichte 325 m Länge.
Der Prunk und die Pracht sind unbeschreiblich. Gold, Gold und nochmals Gold. Eine der bedeutendsten Ausstattungen des Palastes war das Bernsteinzimmer, das für den preußischen König Friedrich Wilhelm I. geschaffen worden war, der es 1716 Peter I. überlassen hatte, im Tausch gegen 248 herkulische Soldaten für die königliche Garde. Es wurde von den damaligen Zeitgenossen als das „achte Weltwunder“ bezeichnet. Während des Zweiten Weltkriegs erlitt der Palast schwere Schäden, zahllose Kunstobjekte wurden barbarisch zerstört oder verschleppt, wie das gesamte Bernsteinzimmer.  Die detailgetreue Neu-schöpfung des berühmten Bernsteinzimmers wurde erst 2003 zum 300. Geburtstag von St. Petersburg, gesponsert u.a. von der Ruhr-Gas-AG wieder errichtet. Sein Ruf ist beträchtlich, sicher ist es wunderschön durch den honig-farbenen Glanz in den verschiedenen Nuancen. Jedoch  mich beeindruckte es nicht in diesem Maße. Mir gefielen – wenn auch sicher nicht so wertvoll – diverse Speise-zimmer besser.

Den Vorteil mit Viking zu reisen, konnten wir bereits am 1. Tag feststellen, denn wir waren die 1. Besichtigungsgruppe. Offiziell wird erst später Einlaß gewährt. Trotzdem wurden wir vor dem Bus und dem Schloß von einer Kapelle empfangen, die den Radezky-Marsch aufspielte.

Ein Rundgang durch die prächtigen Gartenanlagen brachte uns wieder zum Bus und nun startete eine von 10 Uhr bis 17.30 Uhr dauernde Stadtrundfahrt durch St. Petersburg.
Lunchpakete hatten wir dabei, da mittags das Schiff nicht angefahren wurde.

Peter der Große gründete die Stadt in seinem eigenen Namen.
1703 begannen die Arbeiten im Delta des Flusses Newa mit einer Stadtplanung, die sich an Amsterdam orientierte, wo Peter de Große als junger Mann Schiffsbau studiert hatte. Straßen, Häuser, Plätze und Kanäle wurden von Grund auf neu gestaltet, doch anders als andere russische Städte hat St. Petersburg keinen “kremlin“ (Zitadelle).
Das Delta war ein strategisch bedeutender Ort. Peter benötigte einen baltischen Hafen. Aufgrund des sumpfigen Untergrunds gab es sehr viele Konstruktionsprobleme, doch die Arbeiter wurden gezwungen, ihre Arbeit in dieser Region fortzusetzen. Nicht von ungefähr heißt es die schönste Stadt Russlands sei „auf Knochen gebaut“. Veteranen des Krieges gegen Schweden, welche die Marschen der Newa zurück eroberten, waren die ersten, welche die berühmte Peter- und Paul-Festung hier errichten mussten, später wurden tausende von Leibeigenen, Gefangenen und Zwangsarbeitern hierher gebracht, und während des Aufbaus der Stadt starben auch tausende Menschen an Epidemien und Unterernährung. Darüber hinaus fehlte für ein solch ehrgeiziges Projekt die notwendige Ausrüstung. Die Stadt wurde größtenteils von Hand erbaut. Der Zar gab einen Erlass heraus, der es verbot, in anderen Orten Russlands Stein für den Häuserbau zu verwenden. Alle Steine waren für St. Petersburg bestimmt, und Steinmetze durften lediglich in dieser Stadt arbeiten. Sämtliche großen Lieferungen in die Stadt mussten eine Ladung Steine enthalten, andernfalls wurde eine Steuer erhoben.
1712 erklärte Peter die Stadt zur Hauptstadt seines Reiches. Damit zwang er Regierungs-mitglieder, den Adel und Kaufleute in dieses nördliche „Hinterland“ zu ziehen und neue Häuser zu bauen. Architekten und Handwerker kamen aus ganz Europa und das Ergebnis ist eine der schönsten Städte Europas.

St. Petersburg: Das Venedig des Nordens.
St. Petersburg zählt zu den schönsten Städten der Welt. Sie liegt am Finnischen Meerbusen im Mündungsgebiet der Newa auf ca. 44 Inseln, die von mehr als 65 Flussarmen und Kanälen getrennt werden und durch über 300 Brücken miteinander verbunden sind.
St. Petersburg, „Das Fenster zum Westen Peter des Großen“ – diese Stadt ist geprägt von großzügigen Boulevards, romantischen Kanälen und barocken Palästen. Mehr als 320 km künstlicher Wasserwege inspirieren zum Vergleich mit Venedig und Amsterdam. Straßen und Plätze wurden im großen Stil angelegt. „ Die Stadt wirkt so, als sei sie für Riesen erbaut“, schrieb Lewis Carroll 1867 in seinem Tagebuch. St. Petersburg- früher Petropo – Pieterburgh – St. Peterburg (ohne „s“) – Petrograd – Leningrad genannt – ist außerdem berühmt für seine künstlerische Seele, ist sie doch Heimat großer russischer Schriftsteller von Dostojewski bis Nabokow. Diese nördlichste russische „Stadt der weissen Nächte“ feierte 2003 ihren 300. Geburtstag. Aus diesem Anlass wurden unzählige historische Gebäude von Grund auf renoviert. Von diesem schönen Anblick profitierten wir.

Die Stadtrundfahrt führte uns wohl an den markantesten Punkten vorbei:

Die St. Isaak Kathedrale, die wir leider nur von außen bestaunten. Der Bau der Kathedrale wurde 1818 von Alexander I. in Auftrag gegeben, die Fertig-stellung erfolgte jedoch erst 1858. Für die Vergoldung der Kuppel wurden 100 kg reines Gold verwendet und sie wird von einem 100 m hohen Turm überragt, der sogar noch vom Finnischen Golf aus sichtbar ist. Der Architekt Auguste Monferrand schuf hier Fresken, Mosaike, Reliefarbeiten und das einzige Buntglas-fenster, das in der Orthodoxen Kirche des Ostens zu finden ist.

Aus dem Bus sahen wir den Winter- und Sommerpalast, die Admiralität, die Siegessäule und ein weiterer Stop war in der Nähe der St. Nikolaus-Kathedrale, die nach dem Schutzpatron der Seeleute genannt wurde. Sie wurde 1753-1762 nach einem Entwurf des Architekten Sawwa Tschewakinskij erbaut. Das Äußere ist mit korinthischen Säulen verziert, über dem großartigen barocken Baukörper wölben sich fünf vergoldete Kuppeln. Der elegante vierstöckige Glockenturm mit vergoldeter Turmspitze steht für sich allein im grünen Kathedralengarten am Krukow Kanal.
Julia machte uns darauf aufmerksam, dass der hier gelegene Souvenirladen einen Besuch wert ist, vor allem wegen seiner sauberen Toiletten. Ich erstehe einen Bildband von St. Petersburg und dazu gibt es eine frankierte Postkarte, die wir sofort an Nick schreiben, der heute ja 8 Jahre alt wird. Leider funktioniert mein Handy nicht, so dass wir nicht anrufen können. Tut mir leid!

Natürlich fahren wir durch den  4260 m langen Newskij-Prospekt zwischen Mojka und Fontanka, der sich von der Admiralität bis zum Alexander Newskij-Kloster erstreckt und die bedeutendste und verkehrsreichste Hauptstraße der Stadt ist. Das Aussehen dieser berühmten Hauptstraße ist sehr vielfältig, Häuser des 18. Jahrhunderts wechseln ab mit Gebäuden des 20. Jahrhunderts. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war der Fluß Fontanka die Südgrenze der Stadt .

Längere Zeit halten wir uns auf der Insel Wasiljewskij auf und umfahren den Gebäudekomplex der Strelka. Der Name Strelka bedeutet „Pfeil“, damit bezeichnet man in St. Petersburg die Landspitze am äußersten Ende der Insel Wasilejwskij, welche das größte Eiland in der Newamündung ist. Hier, wo sich der Fluss in zwei Arme teilt (die Große Newa im Süden und die Kleine Newa im Norden) lag einst das Handelszentrum von St. Petersburg und von 1730 bis 1880 befand sich hier der Hafen.
Der zentrale Teil der Strelka  wird von der ehemaligen Börse mit ihrer weißen Kolonade beherrscht. Es handelt sich um eine wundervolle klassizistische Architektur, die 1805 – 1810 der Schweizer T. de Thomon unter Mitarbeit von A. Sacharow errichtete. Heute  befindet sich hier das Zentralmuseum der Kriegsmarine.
Markant fallen einem die beiden roten ehemaligen Leuchttürme ins Auge.  Zwei monumentale Säulen mit Rostra, 32 m hoch, erheben sich seitlich vom Börsenplatz. Sie sind mit Schiffsbugen verziert, die in Najaden und Schnäbeln enden und wie die Säulen mit Schiffsschnäbeln des antiken Roms feiern die Säulen der Strelka die Siege der russischen Flotte. Zu ihren Füßen sitzen monumental Statuen, die die wichtigsten Wasser-straßen Russlands symbolisieren, die Flüsse Dnjepr, Wolga, Wolchow und Newa. Diese Figuren gestaltete Samson Suchanow. Die Stellung der Rostrasäulen und der Börse erklärt sich aus dem Umstand, dass sich eben hier der ehemalige Hafen von St. Ptersburg erstreckte.
In die Kupferpokale oben auf den Säulen goss man Hanföl, das bei Sonnenuntergang angezündet wurde, so dienten die Säulen als Leuchttürme, mit deren Hilfe die Schiffe die Hafeneinfahrt fanden. Auch heute noch, an Festtagen, brennt auf den Säulen Feuer, es handelt sich dann allerdings um Gasflammen.
Wir haben ja so ein Glück mit dem Wetter, so dass wir bei herrlichstem Sonnenschein flanieren können und Brautpaare, die sich hier mit großem Gefolge zum Fototermin getroffen haben, beobachten können.

Eine nur kurze Busfahrt bringt uns zur Peter und Paul Festung. Die Festung wurde 1703 sehr schnell errichtet, unter der direkten Bedrohng durch die schwedischen Schiffe und Truppen. Das schwedische Heer lag an den nördlichen Vorposten der Stadt und hätte jederzeit angreifen können. Da Peter I. die Schweden jedoch noch vor der Fertigstellung der Festung besiegte, diente diese bis 1917 als Gefängnis für politische Häftlinge. Berühmte Insassen waren unter anderem Dostojewski, Gorki, Trotzki und Lenins älterer Bruder Alexander.
Die Auswahl für die Lage der Festung durch Peter I. erwies sich als glücklich, denn die Kanonen der Bastionen bestrichen nicht nur den Zugang von der Großen Newa her bis zum Finnischen Meerbusen, sondern auch die kleineren Flussarme, die Kleine Newa und die Große Newka. Doch die erste Festung aus Erdwällen war bald nicht mehr ausreichend sicher und so begannen 1706 die Arbeiten an einer Festung aus Stein. Dere Bau dauerte 35 Jahre und erst 1740 erhoben sich, zwölf Meter über dem Wasserspiegel der Newa, die aufgemauerten Wälle. 1780 entschloss man sich, die Mauern zur Newa hin mit Granitplatten zu verkleiden, die noch heute zu sehen sind.
Wir fahren durch das Peterstor. Über dem Bogen befindet sich ein mächtiger doppelköpfiger Adler aus Blei (1720), das offizielle Emblem des russischen Reiches.
Vor dem Münzhof werden wir aus dem Bus entlassen.
Durch einen Erlass von Peter I. wurde der Münzhof 1724 von Moskau nach St. Petersburg verlegt, er prägte die Münzen des russichen Reichs. Um 1802 errichtete man dafür ein besonderes Bauwerk innerhalb der Peter-Paul-Festung. Seit 1876 war die Münze  von St. Petersburg der einzige Ort, an dem die Metallmünzen des Reichs geprägt wurden. Ab1921 prägte man hier die sowjetischen Münzen, die Orden und die offiziellen Medaillen des Sowjetstaates und die Medaillen zu besonderen Anlässen.
Wir schließen uns dem vielsprachigen Menschenstrom an und folgen Julia in die Peter-Paul-Kathedrale, die ab 1712 nach einem Entwurf und unter der Leitung des Architekten Domenico Trezzine errichtet wurde.
Die elegante Barockkirche hat an der Fassade einen mehrstöckigen Glockenturm und der endet in einer kühnen Fiale. Die nadelförmige, vergoldete Fiale wir von einem das Kreuz tragenden Engel bekrönt und beherrscht das gesamte Stadtpanorama. Mit einer Höhe von 122,5 m war die Kathedrale bis zur Errichtung der Fernsehantenne (316 m) das höchste Bauwerk von St. Petersburg.
Das Innere wird von rosa und grünen Pfeilern mit reich verzierten und vergoldeten korinthischen Kapitellen in drei Kirchenschiffe unterteilt, weit entfernt vom traditionellen Stil der russisch-orthodoxen Kirchen.
Sogar die grandiose Ikonostase aus goldenen funkelndem Holz, eine kostbare Schnitzarbeit von 1720 und die ebenso reich verzierte und elegante Kanzel entsprechen dem barocken Formenkanon.
In der Kathedrale befinden sich fast alle Gräber der Romanow-Dynastie ab Peter I., mit Ausnahme von Peter II. und Iwan VI. Besonders interessant sind die Sarkophage der Gräber von Alexander II. und seiner Frau, die in der Marmorwerkstatt des Peterhofs ausgehauen wurden. Einer davon entstand aus einem Monolith aus Altai-Jaspis, der andere aus einem Monolith aus Ural-Rhodonit. Rechts von der Ikonostase stößt man auf das Grab von PeterI., der diesen Bestattungsort selbst aussuchte.
Seit dem 17. Juli 1998 befinden sich hier auch die Aschenreste des letzen Zaren, Nikollaus II., seiner Frau, der Kinder, des Arztes und drei Bediensteter, die 1918 von den Bolschewiken erschossen wurden.
Bei einem Spaziergang durch die Gartenanlage kommen wir an der modernen Statue Peters I. vorbei und natürlich müssen auch wir die glänzenden Bronzefinger streicheln um dem Aberglauben genüge zu tun, dass wir nun keine Gicht bekommen.
Durch das Newator gelangen wir zur Newa und bestaunen die mutigen Petersburger, die hier schwimmen gehen. Haben aber auch von hier einen herrlichen Panorama-blick vom Marsfeld mit dem weißen Marmorpalast bis zum Flussufer mit der gleißenden Perlenkette der Eremitage Gebäude und über den Dächern die Alexandersäule und die Fiale der Admiralität. Wir blicken noch mal auf die Wasiljewskij-Insel mit ihren roten Schiffsschnabelsäulen und auf die ehemalige Börse. Beste Sicht haben wir auf drei Brücken. Leider können wir das Spektakel der nächtlichen Öffnung der Brücken für die durchfahrenden Schiffe von 2 bis 4 Uhr nicht miterleben.
Ein letzter Blick, bevor es wieder zum Bus geht auf das Häuschen Peteres I. Es wurde in nur drei Tagen Ende Mai 1703 gebaut, ein einstöckiges Häuschen aus Holz, ohne Grundmauern, Ofen oder Kamin, das dem Zar Peter I. nur im Sommer als Wohnung diente.

Noch ein Stopp und erst holten wir mal tief Luft als wir vor der Auferstehungskirche (Die Erlöserkirche über dem Blut) standen. Sie wurde am Ekaterininskij-Kanal, heute GribojedowKanal gebaut, an der Stelle, wo am 1. März 1881 der Verschwörer Grinewitzkij den Zar Alexander II. tödlich verletzte (daher der zweite, bekanntere Name der Kirche, Erlöserkirche über dem Blut).

Das Gebäude, ein Werk des Architekten A. Parland, imitiert in Komposition und Form den altrussischen Zierstil der Moskauer Kirche der Fürbitte, der berühmten Basilius-Kathdrale, ein unübertreffliches Werk des Alten Russlands. Die Außenmauern sind mit glasierten Form-ziegeln, mit Keramikkacheln und Majolika verkleidet, die Kuppeln tragen eine vielfarbige Dekoration. Einfach beeindruckend.

Es wird Zeit, zum Schiff zurückzufahren, da für 17 Uhr das Abendessen angesagt ist. Wie heißt es im Tagesprogramm so schön: „Unser Küchenchef Dimitry und Restaurant Manager Kostja laden Sie zum Abendessen in die Restaurants „Ladoga“ (unseres) und „Onega“ ein. Guten Appetit!“
So früh, da bereits um 18.45 wieder Abfahrt zum Rimsky-Korssakoff-Theater zur Aufführung des Balletts „Swanensee“ angesagt ist.
Wir lernen den Petersburger Autoverkehr kennen und sind froh, dass wir um 20 Uhr gerade noch rechtzeitig zum Beginn ankommen.
Traumhaft getanzt! Störend war, dass trotz Hinweisen, nicht zu fotografieren, eine Reihe vor uns, heftig fotografiert wurde. Nach der Pause sorgte Julia auf unsere Aufforderung hin dafür, dass das abgestellt wurde.
Um Mitternacht wieder auf dem Schiff und es gab tatsächlich noch ein Mitternachtssüppchen im Restaurant. Da war uns auch nach.
Und: Um 24 Uhr noch 20 Grad!

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Die Wasserwege der Zaren (3)

St. Petersburg – Moskau
20.8. bis 30.8.2006

Dienstag, 22.8.2006
Der fakultative Landausflug zum Peterhof Palast ist angesagt.
Also wieder wecken lassen, Frühstück gibt es von 7 Uhr bis 9 Uhr. Abfahrt ist bereits um 8.15. Um 9.15 haben wir die 29 km bis zum finnischen Golf zurückgelegt. Wir müssen noch einen Moment bis zum Einlaß warten, denn offiziell ist erst um 10.30 Einlaß. Welch ein Glück für uns: keine Menschenmassen vor uns, sondern wir sind die Ersten, welche die geheiligten Hallen, mit Plastiküberzügen über den Schuhen betreten dürfen.
Unsere russische Führerin vor Ort ist Nathalie, die uns erklärt, daß Peter hier am Finnischen Meerbusen erst ein Wochenendhaus errichten ließ, um die Konstruktion seiner Marinebasis bei Kronstadt zu überwachen. Es gefiel ihm so gut in dieser Gegend, daß er eine Anzahl von Palästen dort errichten ließ, die er Peterhof nannte. Seit 1944 wird es Petrodvorets genannt. Dieses „russische Versailles“ ist sicherlich der eindruckvollste Palast, der je in den ländlichen Bezirken von St. Petersburg gebaut wurde.
War die Innengestaltung unter Peter I. noch bescheiden, davon zeugt das noch erhaltene Eichenholzkabinett, das von der Renovierung verschont blieb, so wurde unter seiner Tochter, Elisabeth I., die sich dem Erbe ihres Vaters verpflichtet fühlte, durch Bartolomeo Rastrelli der Palast umgebaut und die Innenräume gestalte er mit der für ihn typischen Pracht, in jedem Winkel erblickt das Auge verschwenderische Schönheit.
Beim Tanzsaal sagen wir erstmal „oh“,diese Größe, dieser Goldprunk, dieser phantastische Parkettboden!
Das westliche chinesische Kabinett ist nicht ganz unser Geschmack.
Im Bildersaal, eine Galerie schöner Frauen, dabei soll es sich nur um 5 Modelle handeln, die in immer anderen Posen gemalt wurden, lässt mich an die Schönheitsgalerie in Schloß Nymphenburg denken, die Ludwig I. sich einrichtete. Vom Audienzsaal zum Kabinett der Kaiserin, zum Thronsaal, und und  und …..
Und alles ist restauriert. Denn auch das ist ein trauriges Kapitel der Geschichte: Nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion 1941 begann man zwar, die Einrichtung der Paläste auszulagern, was zurückblieb, wurde zerstört, geraubt oder ist verloren gegangen. Im Septemer 1941 besetzten deutsche Truppen den Peterhof und wüteten auf unvorstellbare Weise. Sie hinterließen nichts als Schutt und Asche und ein tiefes Trauma. Fotografien im Großen Palast dokumentieren das ganze Ausmaß der Zerstörung.
Ist der Palast heute wieder eine Pracht, so ist jedoch ganz besonders der Peterhof durch seine Gartengestaltung, durch seine Wasserspiele bekannt. „Wasser fließt, sprudelt und spritzt in Peterhof, wohin das Auge blickt.“ Davon konnten wir erst nichts feststellen, da wir an einem besonderen Tag hier waren, dem Tag der russischen Fahne. Schön, alle Balkone mit  Stoffbahnen in  rot-blau-weiß, den russischen Farben geschmückt. Und weil so ein besonderer Tag ist, sollte erst um 11 Uhr, dann um 12 Uhr das Wasserspektakel gleichzeitig mit einem Konzert beginnen. So machten wir einen Rundgang durch den schönen Park „im Trockenen“ und ließen uns von Nathalie erklären, wie es denn aussehen würde. Aber immerhin, ab 11 Uhr konnten wir dann die diversen Wasserspiele bestaunen. Z. B. Die Schachbrettkaskade oder die beregneten eisernen Nadel- und Laubbäume, die Scherzfontäne an den Bänken, da hat es auch Manfred erwischt und er  wurde etwas naß, lediglich die große Kaskade und die Samson Fontäne erlebten wir nicht, aber wir haben es überlebt.
Pünktlich zum Mittagessen waren wir  auf dem Schiff zurück und um 14.15 ging es los zur Eremitage.

Wahnsinn !!!

Menschenmassen! Julia gab sich alle Mühe uns durch diese Menschenansammlungen durchzuschleusen,  um  uns doch wenigstens einige der bekanntesten, berühmtesten Werke zu zeigen. Die Eremitage ist eines der größten Kunstmuseen der Welt. Die Sammlung umfasst rund 3 Millionen Kunstgegenstände, die in der alten und neuen Eremitage sowie im Winterpalast untergebracht sind. Katharina II. legte den Grundstein der Sammlung und baute sie weiter aus.  Nikolaus I. erweiterte die Sammlung und den Bau  und öffnete 1852 die sogenannte Neue Eremitage dem Publikum. Nach der Oktoberrevolution wurden Privatkollektionen konfisziert, so musste etwa Schtschukin, ein Moskauer Kaufmann, dem Museum 27 Gemälde von Matisse und 31 Picassos „schenken“. Man sagt, wollte man für jedes Kunstwerk eine halbe Minute aufwenden, so bräuchte man für die Besichtigung über fünf Jahre.
Wie soll man so ein Museum beschreiben?
Schon das Treppenhaus, auch wieder von Rastrelli gestaltet, ist überwältigend.
Wir sahen den Peter-Saal, den großen Thronsaal, den Wappensaal, die Heldengalerie, die Statue: Voltaire im Sessel von Jean Antoine Houdon, das Besondere: Beim Umgehen der Statue ändert sich der Gesichtsausdruck. Diese Kunst habe ich im Park in Weimar bei einer Goethestatue bereits bewundert. Weiter:  Goldener Salon, grünes Speisezimmer, Boudoir, die Räume, die den Impressionisten gewidmet sind, wie Claude Monet, Auguste Renoir, Camille Pissarro, Paul Cézanne, Vincent van Gogh, Paul Gauguin, dann weiter zu den Meistern der europäischen Avantgarde Anfang des 10. Jahrhunderts: Pablo Picasso, Henri Matisse, Wassily Kandinsky, Skulpturen von Auguste Rodin, jedoch keine von Camille Claudel.
Weiter schieben wir uns durch die Massen: Malachit-Salon, Konzert-Saal, natürlich bestaunen wir die Pfauenuhr und die Madonnenbilder von Leonardo da Vinci und Raffael in den entsprechenden Sälen, Giorgiones Judith und die büßende Maria Magdalena von Tizian, die Raffael-Loggien begeistern und die Oberlichtsäle lassen die Gemälde von Canaletto und Tiepolo in günstigem Licht betrachten. Im Rembrandt-Saal betrachten wir Julias Lieblingsgemälde: Die Heimkehr des verlorenen Sohnes.
Weiter geht es zum Zelt-Saal von Architekt Leo von Klenze, Münchens großem Architekten , und zur Kolywan-Schale von 1847. An dieser berühmten Jasjpis-Schale aus Kolywan arbeiteten die Meister der Kolywaner-Schleifmanfaktur im Altai zwölf Jahre, sie besteht aus fünf auseinandernehmbaren Monolithblöcken, wiegt 19 Tonnen und hat einen Durchmessern von 5 Metern.
Wir eilten durch Säle in denen Objekte der Ägypter, Griechen, Römer, Inder ausgestellt sind.
Was wir noch alles sahen? Ich weiß es nicht mehr.
Nach 2 Stunden kamen wir total geschafft auf den Schlossplatz. Es reichte für mich gerade noch fast laufend wenigstens eine Kunstpostkarte für meine Sammlung zu erstehen: Der Tanz von Henry Matisse.
Was ich bedauere ist, dass wir wegen der Menschenmenge nicht in den Raum kamen, der Michelangelo gewidmet ist.
Jedoch Julia hat für uns das menschenmögliche getan, damit wir einen Überblick bekamen.

Das Gebäude der Eremitage beschreiben? Nein, kann ich nicht, so riesig. Es setzt sich zusammen aus dem Winterpalast, der Kleinen Eremitage, das erste private Museum Katherinas II, der Alten Eremitage mit dem Eremitage-Theater sowie der Neuen Eremitage, erstes öffentliches Museum. In den letzten Jahren kam zu diesem historischen Kern noch das Menschikow-Palais, das Generalstabs-Palais und das Gebäude neben dem Theater hinzu. Zum ersten Mal öffentlich zugänglich wurden die Sammlungen der Eremitage 1852 als Kaiserliches Museum. Die heutige Bezeichnung lautet Staatliche Eremitage.

Der Schlossplatz? Gigantisch. Wie hieß es: Die Stadt ist für Riesen gemacht.
Den Platz begrenzt vor allem das monumentale Generalstabsgebäude mit seinen Bögen, ein klassizistisches Bauwerk, und die südliche Fassade des Winterpalastes, ein Meisterwerk des Barock.
Zunächst mag es den Anschein haben, als könnten so unterschiedliche Architekturen nur schwer miteinander harmonisieren, jedoch vermittelt die gesamte Platzanlage zusammen mit dem Gardekommando und der gewaltigen Alexander- Säule einen einheitlichen Gesamteindruck. Dieser gewaltige Platz ist mit 59.964 qm einer der größten Plätze von St. Petersburg.
Wie habe ich gelesen? „Kein Platz Europas kann sich an Eleganz mit dem von großartigen Bauten eingerahmten weitläufigen Schlossplatz messen.“
Die 47 m hohe Alexandersäule in seiner Mitte, das höchste Denkmal dieser Art auf der Welt, erinnert an den russischen Siegt über Napoleon unter Zar Alexander I.

Der Bus fährt vor. Super Service. Und gegen 18.30 sind wir zurück auf dem Schiff.

Für 19 Uhr ist der Abschied von St. Petersburg angesagt. „Leinen los!“ lautet das Motto und kurz darauf wird auf Deck bei Sonnenschein der Begrüssungs-Cocktail gereicht: Kapitän Ivan Puchkov lädt ein und Cruise Managerin Martina stellt die Crew vor und informiert über die Sicherheit an Bord.

Um 19.30 findet das Abendessen statt. Manfred  und ich haben einen runden 5er-Tisch für uns alleine und zudem einen herrlichen Blick links und rechts und rückwärts. Die für uns zuständigen jungen Damen, Elena, Irina, Nathalie und Anastasia, sind nett und zuvorkommend, wenn auch manchmal Sprachprobleme auftreten.
Trotzdem:  Wir sind zufrieden.

Ein Absacker in der Panoramabar – natürlich: Wodka. Hier hat man das Gefühl über das Wasser zu gleiten und wir bleiben solange auf bis wir um 22 Uhr die Schlüsselburg passieren.
Das bedeutet, wir verlassen die Newa, die, auch wenn sie vom Ladogasee bis zum Finnischen Meerbusen nur 74 km zurücklegt, spielt sie in der Geschichte Russlands eine bedeutende Rolle. Natürlich ist der Fluß mit der Stadt Peters des Großen untrennbar verbunden: Die Newa bestimmt die Konturen St. Petersburgs und prägt sein Antlitz In früheren Jahren verursachte sie oft Überschwemmungen. Der Fluss bringt Feuchtigkeit, Nebel und ist im Winter von einer dicken Eisschicht bedeckt – aber im Sommer genießt die ganze Stadt die Weißen Nächte an seinen Ufern.
Zur Schlüsselburg lässt sich sagen, dass sie ihre heutige Bedeutung durch ihre Schiffswerften erlangte. Auf einer gegenüberliegenden Insel im Ladogasee befindet sich die gleichnamige Festung, die 1323 gebaut wurde und 1611 an die Schweden fiel. Peter der Große befreite sie von der schwedischen Herrschaft und nannte sie fortan Schlüsselburg. Bald darauf jedoch verlor die Festung ihre militärische Bedeutung und diente bis zur Revolution 1917 als Gefängnis für politische Häftlinge und hochstehende Persönlichkeiten, wie zum Beispiel mehrere Mitglieder der Zarenfamilie . Lenins Bruder Alexander wurde hier erschossen.

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Die Wasserwege der Zaren (4)

St. Petersburg – Moskau
20.8. bis 30.8.2006

Mittwoch, 23.8.2006
Wir können ausschlafen.
Von 9.00 bis 10.00 höre ich mir einen Vortrag von Nelly „Russland und Ihre Reise“ an.
Sie schildert die einzelnen Stationen unserer Flussfahrt. Nicht viel Neues.
Von 10.15 – 11.00 Uhr klärt uns Julia in einem Vortrag über „Russische Souvenirs“ auf.
Ganz amüsant und aufschlussreich. Die Matrjoschka-Puppen oder Babuschkas stammen erst aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Heute kann man neben den bunten, ineinander gesteckten bunten Bauerinnen-Holzpuppen  auch Politiker und Sportler kaufen.
Die groß-blumigen Wolltücher werden von den Vätern an die Töchter oder von dem Freund der Freundin geschenkt. Sie demonstriert uns die verschiedenen Trageweisen.
Sie erläutert auch die Lackmalarbeiten.
Als nach der Oktoberrevolution Ikonen offiziell verpönt waren, machten sich die auf die Ikonenmalerei spezialisierten Künstler aus vier Dörfern daran, Papiermaché-Schachteln mit zarten Miniaturen zu verzieren. Sie werden mit feinsten Pinseln bemalt und mit mehreren Lackschichten bedeckt. Die recht teuren Schmuckkästchen sind meist schwarz (etwa die aus Palech); weiße kommen aus Mstjora bei Wladimir.
Julia erläutert auch die aufwändigen Arbeiten  für die in Rot und Gold bemalten hölzernen Löffel, Schüsseln, Becher und Tabletts  aus dem Dorf Chochloma. Da dafür auch Aluminium verwandt wird, ist es für mich uninteressant geworden.
Natürlich zählt auch Bernsteinschmuck zu den begehrten Souvenirs und Julia verrät uns Tricks wie man testen kann, dass man keiner Fälschung aufsitzt. Ob jedoch ein Händler zulässt, dass man mit dem Messer darin ritzt um kleine Späne zu erhalten, oder das Feuerzeug darunter zu halten um den Geruch und die Farbe zu testen, bezweifle ich.
Sie stellt auch ein wunderschön gestaltetes Buch mit russischen Märchen und Zeichnungen von Palech vor.
Dosen und Tabletts sind schön anzusehen, die aus der karelischen Birke, die besonders gemasert ist, hergestellt werden.
Wodka zählt auch zu den Mitbringseln und sie teilt uns eine Weisheit aus Sibirien mit:
„Unter 100 km ist es keine Entfernung,
unter minus 40 Grad ist es keine Kälte,
unter 1 Stunde ist es keine Verspätung und
unter 40 Prozent ist es kein Wodka“.

Insgesamt war es eine kurzweilige, unterhaltende Stunde.

Wir haben den Ladogasee verlassen und befinden uns bereits auf dem Fluss Svir. Dieser verbindet den Ladogasee mit dem Onegasee auf einer Länge von 218 km. Auf ihm passieren wir eine Hubbrücke und zwei Schleusen.

Um 12 Uhr ist bereits wieder Mittagessen mit reichlichem Salatbüffet vorweg.

Um 13 Uhr legen wir in Mandrogy an.
Das kleine Dorf Mandrogy ist während des zweiten Weltkiegs völlig zerstört worden. Seine Wiederbelebung wurde ab 1996 in Angriff genommen, nachdem der Privatunternehmer Sergei Gutsait hierzu die Initiative ergriffen hatte.
Die ständige Anwohnerzahl beläuft sich mittlerweile auf 50 Personen.
Die Dorfbewohner sind sowohl in der russischen Kunsthandwerksproduktion als auch im Souvenirverkauf beschäftigt. Es ist dafür bekannt, die besten Kunsthandwerker ganz Russlands anzulocken, die hierhin ziehen um zu arbeiten und zu leben. Sie lassen sich vor Ort nieder und vermitteln Ihren Kindern Ihr Können. Aus diesem Grunde ist das Dorf weltweit als Zentrum für seine Handwerkskunst der Meisterklasse bekannt. Sehr schön kann man in einem Gebäude beim Entstehen der verschiedenen Souvenirs zusehen. Es ist ansonsten ein reines Museumsdorf inklusive eines Wodkamuseums, in dem wir auch einen winzig-kleinen Wodka probieren und dann eine Flasche erstehen. Wir machen einen ausgedehnten Spaziergang, völlig alleine, durch den Ort. Ich besichtigte noch 2 Museumshäuser, in denen gezeigt wird, wie man früher lebte und auch hier wird u.a.das Weben von Teppichen vorgeführt. Nach gut 1 Stunde finden wir uns wieder auf dem Schiff ein um zu lesen und zu relaxen.
Um 16 Uhr geht unsere Fahrt weiter und wir gehen tatsächlich zu Kaffee und Kuchen in der Panorama Bar.
Wie üblich wird am Vortag über den kommenden Tag von der Cruise Managerin Martina, einer lustigen Schwäbin informiert.
Um 19.30 gehen wir zum Abendessen und ab 21.30 hören wireinem russischen Konzert in der Sky Bar zu.
Da das Tagesprogramm nicht so anstrengend war, kann ich mir noch mehr Informationen über die Reise zu Gemüte führen.
„Der Ladogasee ist der größte Süßwassersee Europas.  Er hat mehr als 70 Zuflüsse, entleert sich selbst jedoch nur in den Fluß Newa.  Der Ladogasee liegt im Norden Russlands nahe der finnischen Grenze und dehnt sich weit in die Karelischen Wälder aus, er erstreckt sich über eine Fläche von 17 700 qkm. An seiner tiefsten Stelle misst er 230 m. Der Ladogasee ist zusammen mit dem Fluss Svir und dem Onegasee Teil eines riesigen Systems von Wasserwegen, das den See mit dem im Norden liegenden Weißen Meer verbindet.
Heute gehört der Ladogasee ganz zu Russland; die Finnen wurden zu Ende des 2. Weltkriegsverdrängt. Von November bis April verwandelt sich das fischreiche Gewässer, in dem Lachs und Stör beheimatet sind, in eine riesige Eisfläche. Während der 900 Tage dauernden Blockade Leningrads führte der einzige Zugang zur Stadt über den gefrorenen See.“
Bedingt durch die Größe herrschen auf dem See Bedingungen wie auf dem Meer.
Zum Glück ist es bei uns ruhig. Wenn ich mich recht erinnere, hatten unsere schweizer Freunde im vergangenen Jahr auf ihrer Reise meterhohe Wellen zu ertragen. Puh!

Vom Ladogasee fahren wir auf den Fluss Svir, der den Ladogasee mit dem Onegasee auf einer Länge von 218 km verbindet.

Wir befinden uns  nachts auf dem Onegasee und gegen 3 Uhr muß ich eine Reisetabelette nehmen, da unser Schiff ganz schön schaukelt. Aber es geht alles gut.

Der Onegasee liegt im europäischen Nordwesten Russlands, zwischen dem Ladogasee und dem Weißen Meer und erstreckt sich über eine Fläche von 9 720 qkm. An seiner tiefsten Stelle misst er 116 m. Hauptsächlich im nördlichen und nordwestlichen Teil des Sees gibt es mehr als 1650 Inseln, darunter auch Kishi. Der Onegasee hat mehr als 50 Zuflüsse, entleert sich selbst jedoch nur in den Fluss Svir. Das Wasser des Sees ist von gelblich brauner Farbe und bietet Lebensraum für mehr als 49 verschiedene Fischarten, wie zum Beispiel Hecht, Barsch und Lachs.

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Die Wasserwege der Zaren (5)

St. Petersburg – Moskau
20.8. bis 30.8.2006

Donnerstag, 24.8.2006

Und wieder schönes Wetter. Sonnenhut auf und nach dem Frühstück  beginnt bereits um  8 Uhr unserer Landausflug. Ein Spaziergang führt uns auf die Insel Kishi, die im Nordosten des Onegassees gelegen ist. Auf der Insel ist ein einzigartiges Freilichtmuseum mit faszinierenden Beispielen nordischer Holzarchitektur, wie zum Beispiel der berühmten Verklärungskathedrale.
Die Geschichte der abgelegenen Insel ist spärlich dokumentiert, wie uns die russische Germanistikstudentin Ekatarina, die hier unsere Führerin ist, erklärt. Die allgemein anerkannte Version ihrer frühen Ursprünge besagt, dass hier einst heidnische Rituale abgehalten wurden. Der Name der Insel leitet sich wahrscheinlich von einem alten karelischen Wort für „Spiel“ ab, was vermuten lässt, dass es hier eher heiter denn unheimlich zugegangen ist. Übrigens hatten die Heiden eine viel ehrfürchtigere und respektvollere Beziehung zur „Mutter Natur“ als die bärtigen Männer, die später von der Gegend Besitz ergriffen.
Die „bärtigen Männer“ kamen im 11. Jahrhundert auf die Insel und gründeten die erste russische Gemeinde. Das Gebiet zog immer mehr Siedler an, von denen die einen aus dem Süden vor dem Übermacht der mongolischen Tataren geflohen waren und die anderen aus Nowgorod, weil sie die Leibeigenschaft im Fürstentum über hatten.
Was die Insel und ihre Umgebung so attraktiv machte, waren der Überfluss an Fisch, Wild und fruchtbaren Boden.
Im Jahre 1478 unterwarf der Moskauer Grossfürst Iwan der Grosse das bis dahin unabhängige Nowgorod. Mit dem ihm eigenen Hang zum Zentralismus, der ihn vielleicht zum Urvater der russischen Bürokratie mache, erklärte Iwan Kishi zum „pogost“, einer „steuerpflichtigen, aministrativen Einheit“, die sich normalerweise im Umfeld von Kirche und Friedhof befand. Im folgenden Jahrhundert dehnte sich das Gebiet des „pogost“ 40 Kilometer weit um die Insel herum aus und umfasste 130 kleine Dörfer. Zu dieser Zeit standen auf Kishi selbst zwei Kirchen und dreizehn Dörfer. (Wenn man jedoch bedenkt, wie Ekatarina ausführte, dass zwei Häuser schon ein Dorf bilden können?)
Während der „Zeit der Wirren“ befand sich der „pogost“ abwechselnd in der Abhängigkeit von Polen, Litauen und Schweden , die es alle auf Russland abgesehen hatten. Die Bewohner Kishis verliessen ihre Dörfer. Als sie zurückkehrten, fanden sie sich zu ihrer geringen Begeisterung in der Rolle von Grenzwachen auf einem der äussersten Verteidigungsposten des Reiches wieder.
Soweit zur Geschichte. Jedoch was wir – auch schon vom Schiff aus  – zu sehen bekommen ist einmalig! Kein Wunder, dass die UNESCO diese Kirchen als Weltkulturerbe eingestuft hat.
Die Bedeutung der 6 km langen, höchstens 1 km breiten Insel Kishi dokumentiert ein ausgedehntes Freilichtmuseum, dessen Attraktion ein Ensemble von wunderbaren Klosternkirchen im Blockbauweise bildet. Ein Gotteshaus, wie die 37 m hohe Kirche der Verklärung Christi – die Sommerkirche – mit ihren 22 Holzkuppeln in fünf Ebenen ist sogar in Russland einmalig. „Wunder des Nordens“ wird das 1714 errichtete hölzerne Kunstwerk benannt so wie die Fürbittkirche nebenan – die Winterkirche, da kleiner und beheizbar.
Die Schindeln der Kuppeln bestehen aus Espe, einem wider-standsfähigen, winterharten Holz, das in vielen verschiedenen Farben –je nach Sonneneinfall mal golden mal silbern – schimmert. Je nach dem Standort verschmelzen die beiden Kirchen und man hat ein einzigartiges Kuppel-Ensemble.
Es geht die Sage, dass der Zimmermann, der diese Kirchen gebaut hat, nach der Fertigstellung seine Axt in den See geworfen hat, damit er niemals mehr so etwas schönes bauen könne.

Im Freilichtmuseum besichtigen wir noch zwei Bauern- bzw. Land-häuser, in denen alles – inclusive Stall – unter einem Dach untergebracht ist. In einem Haus wird uns demonstriert was die jungen Russinnen alles unternahmen um gefällig zu wirken. Gehäkelte Glasperlenketten wurden angefertigt, es wurde gesponnen und gewebt.
Wir betrachten die traditionelle russische Sauna, die in einer Holzhütte am See untergebracht ist, hören das „Läuten“, bzw. baiern der Glocken der Michaelskirche, bestaunen eine hölzerne Windmühle, die komplett gedreht werden kann. Bewundern die beiden Schnitterinnen die schöne Garben aufstellen und schlendern, kurz vor dem Schiff, an diversen Souvenirständen vorbei – nicht ohne vorher für Ursula einen Schal in ihren bevorzugten Farben – olivgrün – zu kaufen.
11 Uhr heißt es wieder Leinen los und die Mikael Lomonosov verlässt Kishi und nimmt Kurs auf Goritzy.

Nach dem Mittagessen legen wir uns hin und ich verschlafe den Vortrag, den Julia über die Zarenfamilie Romanov hält ebenso wie die sogenannte Hafenpräsentation für den nächsten Tag.
Es regnet. Was hatten wir für ein Glück, als wir die Insel Kishi besuchten.

Um 15.20 ist Treffen in der Sky Bar zur Besichtigung der Kapitänsbrücke angesagt. Nicht so aufregend aber eine nette Geste, da der Kapitän Rede und Antwort steht.
Danach ist Lesen angesagt, ich kämpfe mit dem Buch „Im Schatten des Windes“ von Carlos Ruiz Zafón und Manfred hat ein Buch von seiner geliebten Sarah Paretzky „Fire Sale“.

19.30 Uhr Abendessen und wie schon Routine: 1 Gläschen Wodka in Ehren in der Panorama Bar und dabei geruhsam die Landschaft an uns vorbeiziehen lassen bis es so gegen 21.30 dunkel wird und die Vorhänge zugezogen werden. Das ist das Startzeichen für uns: Bett!

Wir werden irgendwann auf den Wolga Baltik Kanal stoßen. Dieses Flusssystem verbindet die Wolga mit der Industriezone St. Petersburg. Es besteht aus dem Moskau Kanal, der Wolga, dem Rybinsker Stausee, dem Marliinskij Wassersystem, dem Onegasee, dem Fluss Svir, dem Ladogasee und der Newa.

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Die Wasserwege der Zaren (6)

St. Petersburg – Moskau
20.8. bis 30.8.2006

Freitag, 25.8.2006

Wie üblich, reichhaltiges Frühstück.
Hosenbund bei mir und Hemden bei Manfred spannen bereits.
Von 9.00 bis 10.00 tue ich mir wieder Nelly an und höre „Russische Geschichte“. Interessiert bin ich ja, aber der Vortrag ist dermaßen monoton, leise und langweilig, dass man schon viel Energie aufbringen muss,  um zu zuhören. Sie stellt die führenden Männer Russlands vor, von Lenin, über Stalin, Chrustschow, Breschnew, Andropow, Tschernenko, Gorbatschow, Jelzin und Putin. Sie geht auf die Reform zur Präsidentenwahl ein, die Gorbatschow initiierte. Wie Jelzin – der unter Gorbatschow Generalsekretär war und nach einer Kritik auf einem Parteitag von Gorbatschow abserviert wurde, und und und. Inzwischen ist es für mich nicht mehr neu – denn die Führerin beim Peterhof äußerste sich ebenso – Gorbatschow war der meistgehasste Politiker Russlands – er hat viele Reformen unvorbereitet angestossen, dem Westen zuviel Zugeständnisse gemacht, dagegen ist Putin der strahlende Held. Er hat eine sichere Grundrente durchgesetzt – wenn auch nur rund 100 Euro, wie ich auf meine Frage erfahre, die Gehälter werden pünktlich gezahlt und kreisen nicht mehr bei den Banken und er hat in drei Raten die Schulden Russlands an das Ausland zurückgezahlt,  und und und.

Anschließend mal draußen – bei 18 Grad – mal drinnen die Landschaft vorbeiziehen lassen. Wir befinden uns auf dem  Weißensee und können darüber nachlesen, dass dieser See in der russischen Geschichte oft erwähnt wird, beginnend mit der Besiedlung seiner Ufer im 8. Jahrhundert. Seitdem diente er als Handelsbrücke zwischen dem Norden Und ‚Süden Russlands. Im 17. Jahrhundert gehörte der See zum Fischereigebiet des Zaren und die Fänge aller Fischer wurden von der Regierung hoch besteuert, außer die der nahegelegenen Klöster.
Im 19. Jahrhundert wurde er Teil des Mariinskaya Kanalsystems und später des Wolga-Ostsee-Kanals. Wie an vielen Flüssen des Kanals wurden auch am Weißen See Veränderungen vorgenommen, die den Überlauf der Scheksna abfangen sollten.
Eine unverwünschte Folge war, dass seine natürlichen Strömungen beeinflusst und Teile seines Ufers überflutet wurden.
Die runde Uferlinie, die sich über Tausende von Jahren herangebildet hatte, verschwand plötzlich,  zerfiel und überflutete Wälder, gefährdete das Ökosystem unter Wasser.
Unlängst wurde eine Umweltschutzstation in der Stadt Belozersk eingerichtet, um den See zu überwachen und die „Wunden“ zu heilen, welche die Konstruktion des Wolga-Ostsee-Kanals verursacht hatte.
Zahlreiche Flüsse münden in den Weißen See und tragen so zu einer Fläche von 1400 qkm bei. Nur ein Fluss, die Scheksna, wird aus dem Weißen See gespeist.
Der Boden des Sees ist flach und sandig und sorgt für eine konstante Wassertiefe von 5 m. Nördliche Winde verursachen hohe Wellen, während in windstillen Nächten oft Nebel den See bedeckt.
Goritzy, unser nächstes Ziel,  liegt am  Fluss Scheksna. Der Name Scheksna stammt aus der finnischen  Sprache und bedeutet soviel “wie der mit Riedgras bedeckte Zufluss“,. Obwohl die ursprüngliche Konstruktion des Mariinskaya-Systems den natürlichen ‚Flusslauf nicht störte, machten spätere Veränderungen eine Begradigung des Flussbetts und den Bau eines neuen Schleusennetzwerks erforderlich.
Wir stellen bei unseren Beobachtungen vom Schiff aus  fest, wie brach die Wirtschaft liegt und wie marode alles aussieht.

Schon um 12 Uhr ist Mittagessen, da der Landausflug in Goritzy für 13 Uhr geplant ist

Julia geleitet uns zum Bus und stellt uns die örtliche Reiseleiterin Olga vor, die,  im Gegensatz zu den bisherigen, kein deutsch spricht und Julia muß dolmetschen.

Von Goritzy, der Heimat des verfallenen Aufer-stehungsklosters, das am Ufer zu sehen ist, geht die Fahrt im Bus nach Kirillov, das 8 Kilometer entfernt ist. In Kirillov steht eines der berühmtesten Klöster Russlands, das Kloster des heiligen Kirill vom Weissen See, welches heute ein Museum ist.
Kein Wunder, dass dieses Kloster auch von König Juan von Spanien (2. v.l. von der Dame leicht verdeckt) besucht wird. Er geht auf Armeslänge an uns vorbei. Wie wir später erfahren, ist er hier in der Nähe zur Bärenjagd.

Wir lauschen den Ausführungen von Olga bzw. Julia, dass Ende des 14. Jahrhunderts der aussergewöhnliche fromme Mönch Kirill zum Abt des Moskauer Simeon-Klosters ernannt wurde. Doch schon bald hatte der bereits 61-jährige Mann die mangelnde Geistlichkeit um sich herum satt, und da er sich seinem Lebensabend nahe fühlte, verließ er seinen Posten um in den russischen Landen umherzuwandern, sich vor ihnen zu verbeugen und einen entlegenen Ort zu finden, den ihm Gott zeigen sollte, damit er dort leben könne.

Eine andere Vision der Geschichte Kirills besagt, dass ihm eines Tages beim Gebet die Jungfrau Maria persönlich erschienen sei und ihn angewiesen habe, Moskau in Richtung Norden zu verlassen, um ein Kloster zu gründen.

Aus welchem Grund auch immer, bald darauf konnte man den alten Mann in der Gegend des Iwanowskaja-Hügel am Ufer des Siwerskoje-Sees eine Höhle graben sehen. Im darauf folgenden Jahr hatte Kirill zwei kleine Kirchen gebaut, eine Zelle für sich selbst und Quartiere für solche, die sich ihm in seiner Zurückgeschiedenheit anschließen wollten.
Kirill hieß sie alle willkommen, sofern sie sich seinem asketischen Lebenswandel anschlossen.

Das abgelegene Kloster entwickelte sich bald zu einem einflussreichen, landbesitzenden Unternehmen. Zu dieser Zeit unterstützten auch die Moskauer Prinzen die Anstrengungen der Mönche. Damit versuchten sie nicht nur den orthodoxen Glauben zu verbreiten, sondern auch die Ausläufer des Moskauer Herrschaftsbereiches im hohen Norden zu schützen. Daher auch erhielt das von Kirill gegründete Kloster große Geldbeträge und wurde so bis zum 16. Jahrhundert zum zweit-größten Kloster Russlands, gleich hinter dem von Sergeiev Posad bei Moskau.
Soweit zur Geschichte. Wir machen einen Rundgang durch die Klosteranlagen.(Könnte unserer Meinung nach auch gut eine Renovierung vertragen).  Jedoch zuerst besuchen wir das dazugehörige Museum mit einer bedeutenden Ikonensammlung. Sie ist so berühmt, dass sich König Juan den weiten Weg, Ikonen zu besichtigen, fast hätte sparen können, denn zwei befinden sich zur Zeit in Spanien in einer Ausstellung.

Bei strahlendem Sonnenschein machen wir – wie viele andere auch – einen Spaziergang zum nahegelegenen See und bekommen ganz exclusiv für unsere Gruppe einen Gesangsvortrag von vier in schwarz gekleideten jungen Männern mit wunderbarem Volumen in einer Kirche  zu hören. Es gefiel Manfred und mir so gut, dass wir eine CD erstanden.

Durch die kurze Fahrt mit dem Bus mit diversen Erklärungen zurück zum Schiff blieb noch Zeit, die vielen Souvenirstände bzw. –läden zu inspizieren. Manfred zog es vor, gleich aufs Schiff durchzugehen. Ich musste ernsthaft mit mir kämpfen, nicht einen typischen Korb für
8 Euro zu kaufen, aber er war halt leider zu groß. Ein „Väterchen Frost“ als Christbaumanhänger in Palech-Manier bemalt hatte es mir angetan, jedoch 8 Euro hierfür fand ich zu teuer. Ziemlich dumm von mir, wie sich später herausstellen sollte denn ich fand nirgendwo etwas vergleichbar Schönes.

Um 16 Uhr hieß es wieder „Leinen los“ und die Mikael Lomonosov und ihr Schwesterschiff nehmen  Kurs auf Jaroslavl.

Man muss ja sagen, langweilig wird es einem nicht auf dem Schiff. In der Sky-Bar ist für 16.15 „russische Teestunde“ angesagt. Haben sie wirklich schön arrangiert: Die jungen Mädchen, die Bedienungen, in wohl typischer Tracht. Der Samowar durfte nicht fehlen und viele leckere kleine Gebäcksachen. Ich hatte tatsächlich zwei Sitzplätze an einem Tisch ergattert, musste jedoch erst Manfred überzeugen und abholen, dass es lohnenswert wäre, sich das anzusehen und er ging dann auch tatsächlich mit und holte sich sogar Kuchen.

Anschließend wieder Lesen, Schauen und um 19.30 war „Piraten-Abendessen“ angesagt.
Die Herren erhielten Papier-Stirnbänder mit Totenköpfen bedruckt und die Damen entsprechende Aufkleber. Die Tische waren „wild“ gedeckt, d.h. die Gläser waren umgeworfen, das Besteck lag geordnet ungeordnet auf dem Tisch, die Servietten hinten über den Stühlen. Die Bedienung steckte in Piratenkostümen oder zerrissenen Seemannshemden. Nett gemacht, aber wir waren nicht in Stimmung  Karneval zu spielen.

Nach dem Essen erst wieder relaxen und sich der Stimmung der vorbeiziehenden Landschaft in der Panoramabar hingeben. Wir mussten bis 22 Uhr aushalten, da wir uns zur Wodka Verkostung angemeldet hatten.

Im Onega Restaurant stellte unserer Gruppe, einige Engländer, Dänen und Deutsche, insgesamt vielleicht 18 Personen, Kostja, der Restaurant Manager 6 verschiedene Wodkas vor.
Er machte es recht amüsant, da er die verschiedenen Arten demonstrierte, wie man Wodka trinken kann. Sehr akrobatisch. Manfred probierte es zum Teil mit Erfolg. Die gekosteten Wodkas waren: 5 Sterne, Diplomat, Smirnoff, Chili-Wodka aus der Ukraine, Tschaikowsky und Standard, den wir abends immer trinken. Uns schmeckten nicht der Diplomat und der Chili-Wodka.
Zwischendurch gab es Rotkrautsalat,  Essig-bzw. Salzgurken, eingelegte Pilze und Heringshappen zu essen.
Kostja erklärt uns, dass niemals Wodka ohne Trinkspruch getrunken wird. „Nasdarówje“ ist uns bekannt. „Wir trinken im Sitzen, Stehen, Gehen und im Liegen und wenn wir tot sind, trinken wir im Fliegen.“ fanden wir nett.
Ein anderer lautete: „Wodka ist Gift, Gift bedeutet Tod, Tod bedeutet Schlaf, Schlaf bedeutet Gesundheit.“ Also: Wodka ist gesund!
Außerdem fragt uns Kostja wie die verschiedenen Nationalitäten erkennen, dass man zuviel getrunken hat.
„Der Franzose steht vor dem Spiegel und sieht leuchtende Augen, dann weiß er, es ist genug.
Der Engländer steht vor dem Spiegel und schwankt, dann weiß er, es ist genug.
Der Russe steht vor dem Spiegel, macht den Mund auf und wenn er die Salzgurke im Wodka schwimmen sieht, dann weiß er, es ist genug.“
Einen guten Rat gibt uns Kostja noch mit: Wir sollen jetzt in die Sky Bar gehen, die um 12 Uhr noch auf hat, eine große Tasse schwarzen Tee ohne Zucker und Milch bestellen, trinken und sofort ins Bett gehen, dann haben wir morgen keine Nachwehen. Haben wir gemacht und es stimmt, obwohl wir auch noch einen 7. Wodka von der Bordkapelle, die uns während der Probe ein Ständchen aufspielte, ausgeschenkt bekommen hatten.
Die 13 Units ( die Bordwährung. 1 Unit = 1 Euro) haben sich gelohnt. Wir hatten viel Spaß.

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Die Wasserwege der Zaren (7)

St. Petersburg – Moskau
20.8. bis 30.8.2006

Samstag, 26.8.2006

Es regnet!
Nach dem reichhaltigen Frühstück höre ich mir einen Vortrag von Julia über „Gorbatschow & Perestroika“ an. Sie ist gut geschult, arbeitet mit PC und Leinwand und gestaltet es viel ansprechender als Nelly. Übrigens: Julia ist Deutschlehrerin und arbeitet von Mai bis Oktober auf dem Schiff, dafür gibt ihr ihre Schuldirektorin frei. Sie hat deutsch im Goethe-Institut gelernt.
Sie erläutert, dass Michail Gorbatschow, der im Jahre 1985 an die Macht kam, mit seiner Politik von Perestroika und Glasnost das politische Klima grundlegend veränderte. Seine Ziele waren die Liberalisierung der Wirtschaft, Pressefreiheit und eine Änderung der Ver-fassung. Die Reformen Gorbatschows wurden jedoch als inkonsequent kritisiert.
Sie geht auf Glasnost =  Klarheit und die Perestroika = Umgestaltung ein. Aber auch hier der Tenor: Gorbatschow ist im Westen der liebe „Gorbi“ und in Russland eine gehasste Person.
Ein fehlgeschlagener Staaatsstreich im August 1991 beschleunigte den Niedergang des kommunistischen Regimes und läutete sein Ende ein.
Julia brachte, um die verschiedenen Aeren der Präsidenten und ihre Wirkungsweise darzulegen, folgende Geschichte:
Es wird eine Bahnstrecke in die Zukunft gebaut und die Schienen sind zu Ende:
Lenin sitzt im Zug und als sie zum Ende der Strecke kommen, da ruft Lenin die Bewohner Russlands zusammen und spricht zu ihnen: „Liebe Genossinnen und Genossen,  wir bauen für unsere Kinder eine glückliche Zukunft.“ und  alle packen an und die Fahrt kann fortgesetzt werden.
Stalin sitzt im Zug. Ihm ergeht es ebenso. Die Schienen sind zu Ende. Er befiehlt: „Jeder Zweite wird erschossen und die anderen werden zur Zwangsarbeit gezwungen.“ Die Fahrt geht weiter.
Cruschtschow sitzt im Zug. Die Schienen sind zu Ende. Er befiehlt: “Baut die Schienen hinten ab und vorne setzt sie wieder dran“. Die Fahrt geht weiter.
Breschnew sitzt im Zug. Die Schienen sind zu Ende. Er befiehlt: „Zieht die Vorhänge zu,
die eine Hälfte der Bevölkerung schaukelt den Zug, die andere macht die entsprechenden Geräusche.
Gorbatschow sitzt im Zug. Die Schienen sind zu Ende.  Er hält eine Rede: „Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Hier ist die Reise zu Ende.“
Das soll uns symbolisieren, dass Gorbatschow Russland ins Aus geführt hat, ist Julias Aussage.

Den Vortrag von Nelly über die Russische Küche spare ich mir und bin dann auch sehr froh, als ich erfahre, dass die Teilnehmer emsig Servietten gefaltet haben und keine Rezepte erhielten.

Wir befahren schon seit geraumer Zeit den Rybinsker Stausee. 1941 begann man mit der Überflutung der Gebiete zwischen der oberen Wolga und den Flüssen Mologa und Scheksna.
Mit der Fertigstellung des Damms und des Wasserkraftwerks bei Rybinsk war der südlichste Teil des Wolga Baltik Kanals fertiggestellt und erreicht eine Fläche von 4.500 qkm. Der Stausee ist fast zehnmal so groß wie der Bodensee, jedoch nur mit einer Durchschnittstiefe von fünf Metern. Rund 700 Ortschaften, Dutzende von Kirchen und drei Klöster sind in diesem „russischen Atlantis“ in den Fluten versunken, etwa 150 000 Menschen wurden zwangsweise umgesiedelt. Eine Kirche ragt aus dem Wasser und es geht die Sage, dass ihre Glocken wie von Geisterhand zu läuten begannen, als der Pegel immer höher stieg.
Beim Verlassen es Stausees nimmt das Schiff Kurs auf den linken Flussarm und fährt in die Schleuse von Rybinsk, die von einer Statue der Wolga-Mutter dominiert wird.

Nachdem ich über die diversen Gewässer berichtet habe, soll die Wolga, auch wenn wir nur ein winziges Stück von ihrer Gesamtlänge von 4.000 km befahren, nicht zu kurz kommen, denn immerhin ist die Wolga der längste Fluss Europas. Ihre Quelle befindet sich in den abgelegenen Valdai-Bergen im Westen und Süden des Rybinsker Stausees. Die Wolga verläuft in Mäandern östlich und nördlich des Reservoirs, ändert dann ihre Richtung, fließt weiter nach Südosten Richtung Jaroslvl und mündet schließlich ins Kaspische Meer. Die Hälfte der Schiffsfracht Russlands wird über die Wolga transportiert, und das Wolga Wasser wird zur Bewässerung der Steppenregion des Südens genutzt. Fast auf seiner gesamten Länge ist der Fluss schiffbar, und zwar von März bis Mitte Dezember. Das russische Volk fühlt sich seit jeher eng mit der Wolga verbunden. Der Strom hat mythologischen Status und inspirierte zahlreiche Dichter, Maler und Musiker. Die  Boote wurden vom Ufer aus an langen Seilen von Männern gezogen. Damals war menschliche Arbeitskraft billiger als Pferde oder andere Zugtiere. Um sich die schwere Arbeit zu erleichtern, sangen die Männer, während sie im Rhythmus ihres Gesangs zogen.
Im 20. Jahrhundert wurden zahlreiche Wasserkraftwerke gebaut, um die Stromversorgung des Landes zu verbessern. Dadurch wurde der Fluss in eine Kette von riesigen Reservoirs eingeteilt. Die vollständige Eindämmung des Flusses wird heute als ein großer Fehler erkannt, sowohl aus ökologischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht.
Es wurden nicht nur riesige Waldflächen überflutet und das Ökosystem zerstört, sondern der Stromgewinn war vernichtend klein und stand in keinem Verhältnis zu den Schäden, die angerichtet wurden.
Von den großen Wasserreservoirs entlang der Wolga wird auf der Reise zwischen St. Petersburg und Moskau nur das Rybinsk Reservoir befahren.

Um 11.15 Uhr bei der „Hafenpräsentation“ wird uns der morgige Ausflug nach Uglitsch näher gebracht und dass wir zeitig den halbstündigen Spaziergang zu den Kirchen machen müssen, da Sonntag ist und wir die später beginnenden Messen nicht stören dürfen.

Schon um 12.15 Uhr ist wieder Mittagessen, da wir um 14 Uhr in Jaroslavl anlegen und für 15 Uhr der Landausflug mit Stadtrundfahrt angesagt ist.
Um nach Jaroslavl zu gelangen verlassen wir unseren direkten Wasserweg nach Moskau und fahren ein Stück  auf der  Wolga.

In Jaroslavl erklärt uns der gut deutsch sprechende örtliche Reiseleiter  die Lage und Geschichte der Stadt.
Selbstverständlich ist er stolz – und kann es auch sein – denn Jaroslavl zählt zu den ältesten und berühmtesten Städten Russlands. In der Vergangenheit ein blühendes Handelszentrum, verfügt die Stadt über eine Vielzahl kleiner Kirchen und ein wunderschönes Uferpanorama.

Die Stadt erstreckt sich über 29 km an beiden Flussufern und ist ein wichtiger Wolgahafen mit einer Einwohnerzahl von 600.000. Sie wurde im 11. Jahrhundert von Jaroslav dem Weisen gegründet.
Vom 8. bis 10. Jahrhundert bewohnten finno-urgische Stämme die hohen Ufer der Wolga in der Gegend der Mündung ihres Nebenflusses Kotorosl. Die Siedlung wurde „Ecke des Bären“ genannt, da die finno-urgischen Heiden Bären verehrten und anbeteten. Von Zeit zu Zeit nutzen einige Stammesmitglieder ihre günstige Position an Jaroslav dem Weisen aus, um vorbeifahrenden Handelsschiffen aufzulauern. Fürst Jaroslav der Weise aus Rostow, wurde von erbosten Händlern um Hilfe gebeten, segelte eines Tages zusammen mit einigen Getreuen hierher, um mit den Ortsbewohnern zu reden und sie von ihren Irrwegen abzubringen. Die jedoch ließen einen wilden Bären auf ihn los. In einem sicherlich beeindruckenden Ringkampf besiegte und tötete Jaroslav den Bären, was gleichzeitig die Unterwerfung der erstaunten Zuschauer bedeutete. Er befahl nun, eine Kirche zu bauen und gründete die Stadt Jaroslavl.
Soweit die Legende zur Gründung von Jaroslavl im Jahre 1010.
Zur Erinnerung daran befindet sich auf dem Stadtwappen ein Bär.

Was lässt sich noch über die Stadt sagen? Jaroslavl ist nach wie vor ein wichtiges kommerzielles Zentrum und ein Verkehrsknotenpunkt. Über Bahn, Flugzeug, Schiff und Strassen (einschließlich der 289 km langen, bei Banditen beliebten Trasse in die Hauptstadt) ist die Stadt mit Moskau und allen wichtigen Zentren des Landes verbunden. Die meisten der Einwohner arbeiten in den verschiedenen örtlichen Industrien, zu denen Ölraffinerie sowie Fabriken zur Herstellung von Gummireifen, Dieselmotoren, Textilien und Emaille gehören. Außerdem ist die Stadt ein Zentrum der Viehzucht: hier werden die berühmten Romanowskaja-Schafe sowie eine auf internationalen Wettbewerben ausgezeichnete  Rinderrasse gezüchtet.

Der Reiseführer lässt uns erst mal an der Dreikönigskirche (auch Epiphane-Kirche) aussteigen. Bemerkenswert ist hier der Farbkontrast: rot geziegelte Fassade mit farben-prächtigen glasierten Ziegeln  dekoriert, auf denen Ranken, Blumen und geometrische Muster zu sehen sind. 5 grüne Kuppeln erheben sich darüber und zur Abrundung eine bunte  Wiesen-blumenmischung vor dem Eingang stimmt uns schon mal auf das Innere ein. Eine wunderbar Ikonenwand mit den verschiedenen Ebenen, der Lokalen-, der Festtags-, der Anbetung-, der Propheten- und der Urväter-Reihe beeindruckt uns tief.
Mir fällt eine Madonnen-Ikone mit Jesuskind in einem Kelch auf. Davor ist eine Schnur mit diversen Ringen aufgehangen. Der Reiseleiter erklärt, das ist der „sich nicht leerende Kelch“ und die Ikone wird um Hilfe von Frauen angerufen, deren Männer trinken.

Während der Weiterfahrt zum Marktplatz mit der wohl schönsten Kirche der Stadt erläutert uns der Reiseleiter, wie viele Universitäten, wie viele Theater (das erste Russlands überhaupt, von Fjodor Volkov gegründet und 1750 erbaut) und überhaupt alles vom Besten und Feinsten.
Auf dem Rathausplatz steigen wir aus und gehen zur Kirche des Propheten Eliah . Wirklich, uns bleibt fast die Luft weg. Phantastisch. Die Kirche ist komplett ausgemalt, bis hoch in die Kuppel hinein. Kein Fitzelchen freie Fläche.  Auch hier wieder am Altar die Ikonenwand, die Ikonostase, mit einer wunderschönen Türe, die während der Messe aufgemacht wird. Die Ikonen sind Bildnisse Christi, der Jungfau Maria, der Apostel und anderer Heiliger, sowie biblischer Szenen oder Heiligenlegenden auf Holztafeln.  Man kann gar nicht alles aufnehmen. Manfred geht Ansichtskarten kaufen, und das will was heißen!
Auch hier bekommen wir eine Gesangs-Kostprobe und so mit Eindrücken voll werden wir ins pralle Leben, einen einheimischen Markt geworfen. Da sind wir beide schnell durch und machen noch einen kleinen Rundgang durch die Stadt die zum sogenannten „Goldenen Ring“ gehört, einer Gruppe historisch bedeutsamer Städte nordöstlich von Moskau.

Der Bus bringt uns zur Wolgapromenade, die mit ihrer Lindenallee zu den schönsten an der Wolga gehört und auch als Ausflugsziel der Einheimischen genutzt wird. Wir flanieren bei trockenem Wetter mit 20 Grad an der Flusspromenade und durch den Park und dann zum Bus auf dass er uns  noch zu einer Ikonen-Malschule bringt. Hier wird uns die Technik  erklärt. Die Holztafeln werden mit Minerlafarben bemalt und mit einem Schutzfilm aus Leinöl überzogen. Ihre Ursprünge reichen weit zurück in das byzantische Reich. Ikonen zu malen galt und gilt als liturgische Handlungen und blieb ursprüglich Mönchen und Popen vorbehalten, die als Werkzeuge Gottes galten.

Und weiter geht es zu einer Werkstätte der Lackmalerei. Es werden uns die Unterschiede der verschiedenen Werkstätten: Palech, Mstjora und Cholui erklärt.
Eine kleine Lackdose (ca. 6 x 8 cm) mit einer Winterlandschaft bemalt hätte es mir angetan, kostete jedoch 562 US-Dollar. Noch Fragen?

Zurück auf dem Schiff  hieß es um 19 Uhr wieder „Leinen los“ . Von Deck aus noch mal ein Blick auf die Stadt und um 19.30 Uhr ging es zum Abendessen. Anschließend – wie üblich – in die Panoramabar zum Absacker. Heute leistete uns das Ehepaar vom Nachbartisch Gesellschaft und um 22.20 meinten wir, anstandshalber sollte man sich doch bei der um 20 Uhr begonnenen Crew-Show sehen lassen. Haben es dann nicht bereut, war recht witzig, aber als dann die Polonaise und das Tanzen los ging, wollte Manfred – immerhin nach einem klitze-kleinen Tänzchen – ganz schnell zur Kabine.
Mitternacht! Gute Nacht!

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Die Wasserwege der Zaren (8)

St. Petersburg – Moskau
20.8. bis 30.8.2006

Sonntag, 27.8.2006

Was ist das? Nebel! Wir stehen! Wo? Irgendwo!
Die Durchsage klärt uns auf, dass wir mit 3 Stunden Verspätung auf dem Uglitscher Stausee stehen, da es Nebel gibt und bei Nebel auf den Flüssen nicht gefahren werden darf.
Bitter, denn die Quintessenz ist, dass wir Uglitsch – auch eine Stadt des „Goldene Rings“ im wahrsten Sinne links liegen lassen müssen, da die Schiffe bei den Schleusen angemeldet sind und wir sonst nicht rechtzeitig in Moskau ankommen.
Sehr traurig, denn von unseren schweizer Freunden wissen wir, dass die diversen Kirchen sehr schön sind und dass es hier – wie auch von den diversen Reiseleiterinnen darauf hingewiesen wurde,  die schönsten und preiswertesten Souvenirs geben soll.
Schade!
So gehen wir im Bordshop einkaufen: Für die Enkelkinder „Russische Märchenbücher“ von Palech gestaltet und für uns eine Matrjoschka, (7-fach).
Der nachmittags angesagte Vortrag von Nelly „ Putin & Demokratie“ wird um 9.45 Uhr gehalten. Ich tue es mir nochmal an. Wie gehabt: Putin ist der Größte. Jung, schlank, sportlich, nüchtern, (Seitenhieb auf Jelzin).
Um uns die Lage und Probleme aufzuzeigen, mit denen auch Putin zu kämpfen hat, bringt sie folgende Parabel:
„Es sind drei Löwen, die beschließen sich zu trennen und 1 Jahr ins Ausland zu gehen, einer aber bleibt in Russland.
Nach einem Jahr sehen sie sich wieder. Der eine war in Frankreich und ist dünn und ausgezehrt, auf die Frage, wie das, antwortet er nur „die Mademoiselles“.
Der andere war in England und kommt ebenfalls ganz dünn wieder. Auf die Frage, wieso, antwortet er „esst ihr mal jeden Tag Porridige.“
Der Dritte, der in Russland geblieben war ist dick und rund und fett. Auf die Frage, wie das, antwortet er: „Ich habe jeden Tag 3 Generäle verspeist und die Administration hat es nicht bemerkt“

Wir sehen vom Schiff aus 4 oder 5 Kirchen von Uglitsch, das war es auch,  bevor der Stausee einen Knick macht und wir um 11.30 Uh bei der Uglitscher Schleuse sind.
Den Nachmittag vertrödeln wir, teils Sonne, teils Regen, dann wieder trocken.

Um 19 Uhr ist Captains-Dinner angesagt. Kapitän Ivan Puchkov lädt ein. Alles hat sich in Gala geschmissen, selbst Manfred hat seinen Blazer angezogen. Mit einem Glas Sekt werden wir begrüßt und die Reiseleiterinnen, diversen Managerund das Service-Personal stehen Spalier.
Zur Feier des Tages wollen wir bei Sekt bleiben. Durch Verständigungsschwierigkeiten, wir hatten angenommen, diesen Sekt gibt es nicht, wahr auch so, wir bekamen roten Sekt, bestellten wir eine Flasche Weißwein und hatten dann plötzlich 2 Flaschen auf dem Tisch.
Kein Problem, beim Sekt halfen uns unsere Tischnachbarn  und den Weißwein tranken wir am nächsten Tag weiter.
Nach dem Essen, etwas Routine muss sein, Panoramabar, Wodka, Tomantensaft. Das Ehepaar  vom Nachbartisch leistete uns Gesellschaft. Die Passagier Show  in der Sky-Bar haben wir uns geschenkt und uns dafür angeregt unterhalten.

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Die Wasserwege der Zaren (9)

St. Petersburg – Moskau
20.8. bis 30.8.2006

Montag, 28.8.2006

Erster Blick aus einem unserer beiden Kabinenfenster: trocken.
Frühstück und dann am Bug gestanden und die Landschaft vorbeiziehen lassen. Teils sonnig, aber frischer Wind.

Von 10.30 Uhr bis 11.15 Uhr  zeigt der Kameramann Aivar eine Vorschau auf das während der Reise gedrehte Video in der Sky Bar. Es ist recht gut, er hat schöne Stimmungen eingefangen, natürlich die Sehenswürdigkeiten und zwischendurch immer wieder die Teilnehmer. Teils in der Gruppe, teils in Einzelaufnahmen. Aber wir haben entschieden, es nicht zu kaufen, das Band für 25.- Euro und die DVD für 35.-, denn wir sehen uns ja unsere früher selbst gefilmten Berichte nie an. Ich denke nur an Namibia von 1992.

Um 12 Uhr findet das Mittagessen statt. Das schöne Salatbüffet gibt es schon seit Tagen nicht mehr. Das Essen ist sehr gut, sehr, sehr schön angerichtet, viele nette Dekoideen, und auch sehr überschaulich. Davon könnte man eigentlich nicht zunehmen.

Wir stehen wieder am Bug und lassen die Peripherie von Moskau an uns vorbeigleiten.
Wir befinden uns auf dem Moskau Kanal. Wie ich nachgelesen habe, träumte schon Peter der Große davon, ungehindert von St. Petersburg nach Moskau zu segeln. Doch erst im Jahre 1825 wurde sein Traum Wirklichkeit, durch den Bau eines Kanals, der den Fluss Moskwa mit der Wolga verband. Der Kanal hatte jedoch nur eine kurze Lebensdauer, da seine Instandhaltung vernachlässigt wurde und man sich mehr für die Erweiterung des Eisenbahnnetzes interessierte. Anfang der 30erJahres des 20. Jahrhunderts wurde Wasserknappheit in der Hauptstadt Moskau zu einem großen Problem und man brauchte einen Anschluss an eine ergiebigere Wasserquelle. Stalin fand des Rätsels Lösung und ließ einen Kanal zur Wolga bauen. Für das gesamte Projekt wurden insgesamt 240 Bauten errichtet, darunter 7 Dämme aus Beton, 8 Dämme aus Erde, 11 Schleusen, 8 Wasserkraftwerke, 5 Pumpstationen, 15 Brücken und das Nördliche Passagier Terminal mit seinem angrenzenden Frachthafen. Innerhalb von 5 Jahren war dieser Kanal fertig und der Umfang dieses Projektes übertraf bei weitem den Bau des Panama- und des Suezkanals. Am 15. Juli 1937 wurde der Kanal eröffnet und Moskau wurde zu einer bedeutenden Hafenstadt, die mit allen fünf russischen Meeren verbunden war. Außerdem gewann die Hauptstadt so eine neue Quelle zur Elektrizitätserzeugung.
Die Kapitäne der Schiffe schätzen die konstante Tiefe des Kanals, seinen geraden Verlauf und die Windgeschützheit. Die Passagiere genießen die Ruhe, den schönen Ausblick und die reizvolle Landschaft. Können wir bestätigen.

Um 13.30 legt die Mikael Lomonosov in Moskau an. Die 1,2,3, ganz vielen Busse warten schon auf die Teilnehmer der 2 Schiffe, die immerhin ca. 400 Personen an Land bringen.
Sind es bei uns überwiegend Engländer, eine Gruppe Dänen und ca. 50 deutschsprachige, so haben wir mitbekommen, dass auf dem Schwesterschiff auch Spanier sind.
Eine Snack Box bekommen wir mit, da wir nicht zur üblichen Abendessenszeit zurückkommen.
Man würde eigentlich voraussetzen, dass die Geschichte über das „Mekka“ Russlands genau dokumentiert ist, aber so ist es leider nicht. Die allgemein akzeptierte Version ihrer Gründung ist folgende:
“Moskau wurde von Yuri Dolgoruki, Großfürst von Suzdal und Kiew, gegründet. Der erste schriftliche Hinweis auf die Stadt stammt aus dem Jahre 1147. Im 13. Jahrhundert wurde das unabhängige Fürstentum Moskau ins Leben gerufen, und im 14. Jahrhundert war die Stadt ein Großfürstentum. Mitte des 15. Jahrhunderts wurde Moskau als Hauptstadt des ersten russischen Staates anerkannt. Die flächenmäßige Ausdehnung der Stadt sollte in den folgenden Jahrhunderten enorm wachsen.
Obwohl Peter der Große sich aus Angst vor Intrigen und Aufständen von Moskau abwandte und seine eigene Hauptstadt in St. Petersburg erbaute, blieb Moskau von immenser politischer und kultureller Bedeutung. Die russischen Zaren wurden weiterhin in Moskau gekrönt. 1918, fast 200 Jahre später und nur wenige Monate nach der Oktoberrevolution, wurde Moskau wieder Hauptstadt. Lenin und die neue kommunistische Regierung zogen von St. Petersburg nach Moskau. fortan hieß die Stadt „Hauptstadt des weltweit ersten Arbeiter- und Bauernstaates“. nach dem Zerfall der Sowjetunion bestätige eine Volksabstimmung Moskau erneut als Hauptstadt, diesmal jedoch als Hauptstadt eines neuen und demokratischen Russlands, der Russischen Föderation.“
Dies habe ich dem Reiseführer wortwörtlich entnommen.

Unsere örtliche Reiseleiterin heißt wieder Natalie und spricht ausgezeichnet deutsch.
Sie bringt die Erläuterungen eher in einem Plauderton rüber, ungewöhnlich aber sehr gut.
Sie heißt uns Willkommen in der Hauptstadt des größten Landes der Welt, ehemaliger Sitz eines Imperiums und Entscheidungsträger der Weltgeschichte. Eine Stadt, welche abwechselnd als asiatisch und europäisch angesehen wird – manchmal auch beides oder keines der beiden. Sie besteht seit fast 850 Jahren und befindet sich momentan in einer sich sehr schnell ändernden politischen und wirtschaftlichen Situation. Moskau präsentiert sich als eine Mischung aus alt und neu, bekannt und unbekannt, glänzend aber auch schäbig.
Auf unserer Fahrt in die Stadt lernen wir gleich den Moskauer Verkehr kennen und Nathalie erklärt uns, woran man einen guten Moskauer Autofahrer erkennen kann:
„Wenn auf einer vierspurigen Straße in fünf Reihen gefahren wird, findet eine guter Fahrer noch eine 6. Spur.“

Ein erster Stopp ist am Neujungfrauen Kloster. Seit 1934 ist hier die Filiale des Staatlichen Historischen Museums untergebracht. Es ist eines der schönsten baukünstlerischen Klosterensembles Moskaus, das 1524 auf Geheiß des Fürsten Wassili III. zum Gedenken an den Sieg des russischen Heeres im Kampf gegen den polnisch-litauischen Staat um die Grenzgebiete und die Heimkehr der Stadt Smolensk in das russische Reich errichtet worden ist. Das nahe am Südweg nach Moskau gelegene Kloster erfüllte wiederholt die Funktion eines Vorpostens. Es erfreute sich der Gunst und des Schutzes der Zaren und Bojaren, da die Nonnen dort Vertreterinnen der Zarenfamilie und der Familien des hohen Feudaladels waren. Peter der I. soll hier auch seine erste Frau mit ihrem gemeinsamen Sohn „deponiert“ haben.
Die alte Klosterkirche war der byzantinischen Gottesmutter von Smolensk geweiht, die als Heiligtum des Smolensker Fürstentums galt.
Das ehemalige Kloster ist wunderschön an einem Teich gelegen und natürlich ist große Fotosession angesagt.
Weiter geht die Fahrt vorbei an den riesigen Sportanlagen, die zur Olympiade 1980 (?) gebaut wurden, zum Sperlingsberg, um uns von hier oben einen Blick auf das Panorama Moskaus und den Fluss Moskwa  zu gönnen und auf die Wolkenkratzer, die  sog. „Sieben Schwestern“, die zwischen 1948 und 1957 auf Stalins Anordnung errichtet wurden . (Stalin hatte tatsächlich sieben Schwestern.) Ein achter Wolkenkratzer war in Planung, wurde jedoch nie gebaut. Das letzte zentrale Bauwerk, der Palast der Sowjets, sollte alle existierenden Wolkenkratzer in den Schatten stellen und von einer riesigen Lenin-Statue gekrönt werden. Die Erlöserkirche wurde gesprengt, um Platz für das Gebäude zu schaffen, doch die Bauarbeiten kamen nie über die Grundmauern hinaus.  Nun ist die Erlöserkirche neu erbaut worden und strahlt weithin sichtbar mit ihren goldenen Kuppeln.
In unserem Rücken befindet sich das bis vor kurzem höchste Gebäude Moskaus, die von Stalin in Auftrag gegebene und im „Zuckerbäckerstil“ gestaltete  Moskauer Lomonosov-Universität.  –  Michail Lomonosov ist auch der Namensgeber unseres Schiffes. Er war Gelehrter, Dichter, Wissenschaftler.
Auf dem Weg zur Metro sehen wir vom Bus aus das „Weiße Haus“, in dem jetzt die Duma untergebracht ist.

Und nun das Abenteuer Metro. Sie soll zweifellos die schönste Untergrundbahn der Welt sein, gleichzeitig das schnellste und billigste Verkehrsmittel der Stadt. Und aus unserer Erfahrung sicher auch das Lauteste.
Die faszinierende Moskauer Metro ist ein Monument des Sozialismus, das kontroverse Untergrundbahnprojekt wurde im Jahre 1932 auf Stalins Geheiß in Angriff genommen. Arbeiter und Baumaterialien wurden aus ganz Russland hierher gebracht. Es entstand ein kollektives Kunstwerk, bei dem die besten Künstler des Landes die Hauptthemen der kommunistischen Ideologie und der nationalen Geschichte zum Ausdruck brachten. Hier werden Helden des Alltags in der Kunst unsterblich: Arbeiter, Soldaten, Mutter und Kind, sowjetische Kriegshelden und andere abstrakte Symbole politischer Macht sind auf den Mauern verewigt. In der aufwändig gestalteten Metro, die in verschiedenen Steinarten erbaut und mit Fresken, Mosaiken und Stuck verziert wurde, achtete man auf äußerste Sauberkeit.
Wir steigen in die Linie 3 bei einer erste 1 ½ Jahre alten Station ein, am Park Pobedy,  fahren 1 Station und bestaunen diese Lampen und Gemälde, weiter geht es zwei Stationen: wieder fallen die phantastischen Lampen auf, die Bronzefiguren, wie oben beschrieben, und nochmals fahren wir eine Station und betrachten die Gemälde, in Stuck gerahmt, die das Leben in der Ukraine zeigen.

Von hier gehen wir zum Roten Platz, kommen am Hotel Metropol vorbei, in dem Manfred vor 32 Jahren einen Lehrgang abgehalten hat. Wir erreichen den „Roten Platz“ durch das 1995 „wiederauferstandene“ Auferstehungstor, welches das Historische Museum mit seinen weißschimmernden Dächern und das ehemalige Lenin-Museum verbindet. Von hier eröffnet sich ein großartiger Blick auf den Platz, und wieder ein Superlativ: wohl einem der schönsten Plätze Europas. An der Westseite erheben sich die mächtigen Kreml-Türme. Vor dem imposanten Kreml nimmt sich das Allerheiligste der ehemaligen Sowjetunion, das Lenin-Mausoleum, geradezu bescheiden aus. Links dahinter sehen wir eine Büste Stalins, dessen Leichnam man aus dem Mausoleum verbannt und nun hier begraben hat.

Auf der Ostseite, für mich besser: links, erstreckt sich über 250 m lang die Front des Kaufhauses GUM und im Süden: also geradeaus sagt man erst mal wieder „oh“ steht die schöne Basilius-Kathedrale, die einer Märchenkirche gleicht.
Wie heißt es im Fremdenführer: „ Das ästhetische Zusammenspiel der Bauwerke, die aus fünf Jahrhunderten datieren, ist gewagt und spannungsreich, gelingt aber auf atemberaubende Weise. Der Platz ist für die Russen mehr als ein Spiel der Formen und Farben er ist ein fester Bestandteil des Nationalbewusstseins, der mit der russischen Geschichte verknüpft ist wie nur noch der Schlossplatz vor dem Winterpalais in St. Petersburg“. Eine wechselhafte Geschichte erlebte dieser Platz. Als Marktplatz in den alten Tagen Moskaus, Prunkzüge der Zaren oder Prozessionen der Patriarchen mit ihrem Gefolge, selbstherrlichen Bojaren und Aufständischen schlug man auf dem Roten Platz den Kopf ab. Nach der Revolution 1918 wurde der 500 m lange und 150 m breite Platz für Paraden mit Panzern und Kanonen. Alljährlich am Tag der Arbeit, 1. Mai und am Jahrestag der Oktoberrevolution defilierten Zehntausende von Werktätigen und Soldaten am Lenin-Mausoleum vorbei, auf dem sich die Partei-spitze aufgestellt hatte. 1991 verzichtete man  erstmals auf Militärparaden.  Übrigens, der Name „Roter Platz“ hat mit Kommunismus gar nichts zu tun, er geht auf eine Zeit zurück, als das Wort krasnaja sowohl „schön“ als auch „rot“ bedeuten konnte.

Nach den Erläuterungen von Nathalie werden wir entlassen und können auf eigene Faust das GUM und die Basilius-Kathedrale.
Für Manfred war es spannend, das GUM  (übersetzt: staatliches Universal-Magazin) nach 32 Jahren wieder zu sehen. Damals war in den über 100 Läden kaum Ware und es war für unansehnliche Waren und leere Regale berüchtigt.  Inzwischen ist es privatisiert und westliche Luxusgüter beherrschen das Bild. Es ist unbeschreiblich! Innen besteht es im Grunde genommen aus 3 Einzelbauten über die gesamte Länge von 250 m die mit Brücken verbunden sind. Phantastisch geschmückt und die Geschäfte, zu ebener Erde nur italienische Geschäfte, das Feinste vom Feinen und vermutlich auch das Teuerste vom Teuren. Wir schlendern über die verschiedenen Ebenen und verschiedenen Blöcke und am Ende finden wir eine Toilette.

Die Basilius-Kathedrale, das sicher mit Recht das märchenhafteste Gebäude Russlands genannt wird, muss ich auch ein paar Worte sagen:
Sie geht auf Iwan den Schrecklichen zurück, der zum Gedenken an den Sieg über die Goldene Horde den Bau einer Kirche auf dem Schönen Platz befahl. Eingeweiht wurde sie 1559 und hieß erst Mariä-Schutz- und Fürbitt-Kathedale am Graben. Iwan der Schreckliche ließ den Baumeistern Barma und Postnik Jakovlev freie Hand unter der Auflage, die Kirche solle schön sein und Freude ausstrahlen.
Obwohl von außen verwirrend, ist der Grundriss der Basilius-Kathedrale recht einfach: Vier Kapellen bilden ein Kreuz, dessen Schnittstelle von einer fünften großen Kapelle eingenommen wird. So wurde uns auch der Bau der Holzkirche in Kishi erklärt. Vier weitere Kapellen besetzen die Zwischenräume dieses sternförmigen Gebildes. Die neuen Kirchen tragen jeweils einen eigenen Turm, so dass sich dem Betrachter von außen das verwirrende Bild von neun äußerst farbenprächtigen Kuppeln bietet, von denen keine der anderen gleicht. Der größte Turm in der Mitte endet in einer Zeltdachspitze mit einer kleinen Zwiebel obenauf.
Ihren Namen erhielt die Kirche durch Zar Fjodor Ivanovitsch, der 1588 eine zehnte Kapelle anbauen ließ, in der die sterblichen Überreste des Wanderpredigers Vasilij Blashennyj beigesetzt wurde. 1670 wurde an der südöstlichen Seite ein Glockenturm angebaut.

Um 18 Uhr   war wieder Treffen am Bus angesagt und dieser  schob sich durch den dichten Verkehr zum Moskauer Staatszirkus. Wir bekamen unsere Eintrittskarten und hatten noch etwas Zeit, auf dem gegenüberliegenden Plätzchen die diversen bronzenen Clownfiguren zu betrachten und zu fotografieren.
Der Ruf des russischen Zirkus basiert auf einer 200-jährigen Tradition, aber auch speziell auf 70 Jahre massiver Unterstützung durch den Staat während des kommunistischen Regimes. Katharina die Große lud den englischen Kunstreiter und Impressario Charles Hughes nach St. Petersburg, um eine Reitschule aufzubauen. Bald schon wurde der Zirkus eine Institution und brachte auch seine eigenen Familiendynastien hervor, wie zum Beispiel die Durovs, die Zapashnys, die Kios und die Kantemirovs, die ihre Geschicklichkeit und Kunststücke von einer Generation zur anderen weitergaben. Für die Gründungväter des Sowjet-Staates jedoch hatte der Zirkus noch eine weitaus größere Bedeutung und sie bewerteten ihn sogar noch höher als das Ballett und die Oper. Zirkus war populäre, egalitäre, von allen, gleich welcher Herkunft, Sprache, Alter, Bildung und Bevölkerungsschicht, geliebte Unterhaltung.

Wir  waren sehr neugierig, da schon etwas Zirkus erfahren von Shanghai und München.
Die ersten 20 Minuten wurde eine viel zu lange Affenshow gezeigt, die sowieso nicht unseren Beifall findet, zudem war es äußerst ärgerlich, dass eine vor uns sitzende Spanierin ständig mit ihrem Handy Fotos machte, die auch gleich verschickte und SMS zurückerhielt. Das helle Display hatte ich vor der Nase. Ich machte sie darauf aufmerksam, dass es untersagt wäre, zu fotografieren und es mich stört. Später beugte sie sich über das Handy.
Die Akrobaten waren atemberaubend und es würde mich nicht wundern, wenn man sie mal beim Zirkus-Festival Monte Carlo sehen würde.
Verwöhnt von den Tierdressuren beim Zirkus Krone, waren die Hundevorstellung und zum Abschluss die Tigerschau, allerdings mit 9 Tieren, etwas dürftig.

Um 22 Uhr waren wir auf dem Schiff zurück und erhielten ein spätes Abendessen. Den Ausklang bildete wieder die Panoramabar, um den Tag ausklingen und all das Gesehene Revue passieren zu lassen.

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Die Wasserwege der Zaren (10)

St. Petersburg – Moskau
20.8. bis 30.8.2006

Dienstag, 29.8.2006

Strahlender Sonnenschein.
Gleich nach dem Frühstück werden wir wieder mit den Bussen abgeholt, der Kreml ist unser Ziel. Da wir wiederum schon um 9 Uhr ankommen, sind wir wieder einmal die ersten Besucher.
Das russische Wort „Kreml“ bedeutet Festung oder ummauerte Stadt. Der Moskauer Kreml ist der größte und berühmteste des Landes. Die erste Wallmauer bestand aus Lehm und Holz, nach jedem Überfall wurde die Befestigung neuer und höher wieder aufgebaut. Die heutigen roten Backsteinmauern stammen aus dem Jahre 1495, wurden aber seither mehrmals restauriert.
Als erstes betreten wir den Kathedralenplatz, der von der Mariä-Entschlafens-Kathedrale, der Mariä-Verkündigungs-Kathedrale, der Erzengel-Kathedrale, der Mariä-Gewandlegungs-Kathedrale und dem Glockenturm Iwan der Große eingefasst wird.

Zuerst besichtigen wir jetzt die Erzengel-Kathedrale.  Sie ist die Grablege der Moskauer Großfürsten und Zaren, Erbaut wurde sie an der Stelle einer alten, Anfang des 14. Jahrhundert errichteten Kirche, die dem Erzengel Michail, dem himmlischen Schützer der Moskauer Großfürsten in ihren Schlachten geweiht war. Die Erzengel-Kathedrale wurde 1505-1508 von dem venezianischen Architekten Alovisio Novo, erbaut und den  besten Meistern aus Moskau, Jaroslavl und Kostroma ausgemalt. 46 Zaren sind hier bestattet, darunter Iwan der Große und  Michail, der erste Romanow.

Vorbei am Facettenpalast gegen wir zur Mariä-Entschlafens-Kathedrale (1475-1479)
Wundervolle Malereien, wie sie uns ja in Jaroslavl schon so begeisterten, sehen wir hier noch in besserem Zustand erhalten. Herrliche Ikonenwände, die im 17. Jahrhundert angefertigt wurden.

Wunderschön zeichnen sich  die Kuppeln der Oberen Erlöser-Kathedrale, die 1679-1681 erbaut wurde, gegen den Himmel ab. Filigran glänzen die Kreuze über den goldenen Kuppeln.

Wir schlendern unter Obhut von Nathalie in dem weitläufigen Gelände und der Parkanlage vorbei am Patriarchen Palast , daneben steht die große Kanone aus der niemals eine Kugel abgefeuert wurde, da sie viel zu schwer wäre, kurz davor steht die riesige Glocke, die niemals geläutet hat, da sie schon beim Gießen kaputt ging, weiter sehen wir den Großen Kreml Palast und  das Prunkgebäude, in dem Putin residiert.
So „zwischendurch“ gelang es uns dann auch in zwei Sonder-Ausstellungen „Schätze der Zaren“ Hineinzuschauen.
Nathalie machte noch den Vorschlag um 12 Uhr die Wachablösung beim Grab des Unbekannten Soldaten miterleben um uns dann um ½ 1 Uhr wieder am dann vorfahrenden Bus zu treffen.

Mittagessen auf dem Schiff und der Rest des Tages ist frei. Manfred und ich gehen durch einen riesigen Park zur Metrostation, die aber tatsächlich nur für die Moskauer gedacht ist. Ein kleiner Markt mit landestypischen Erzeugnissen und ein Einkaufszentrum, mini, nur für Ein-heimische. Manfred amüsiert in einem Kiosk die Bierauswahl, so gar Rauchbier aus Bayern.

Vorbei an Bronze-Skulpturen von Cervantes, einem indischen Dichter und schönen Damen bei der Ernte, schlendern wir durch das Hafengebäude zurück zum Schiff.

Kofferpacken ist angesagt. Dann Abendessen und um 22 Uhr starten wir zur Stadtrundfahrt: „Moskau bei Nacht“. Wir hatten uns für diesen fakultativen Ausflug für 25 Euro angemeldet, da jedoch Uglitsch ausfiel, hatte die Viking River Cruises allen Gästen diesen Ausflug kostenlos angeboten.

Schön war es. Immer wieder Fotostopps. Panorama des Kreml und Roten Platzes, das große Denkmal an der Moskwa zu Ehren Peters des Großen, ursprünglich sollte es wohl für Kolumbus erbaut werden, dann wurde es umgewandlet, noch mal das Jungfrauen-Kloster und noch mal hoch zu den Sperlings-bergen. Ein kalter Wind herrschte hier und Manfred sprang fotografierenderweise im kurzärmligen Hemd rum.
Hier oben vor der Lomonosov-Universität konnten wir das Moskauer Nachtleben im wahrsten Sinne des Wortes erleben. Unzählige Motorräder standen herum, einige machten auf dem breiten Bürgersteig eine Slalomfahren, einer  heizte mit seinem Sportwagen um den Bus und die Autos herum. Abenteuerlich.
Was wir alles sahen, unter anderem eine Wasserfontänenalle in rot, kann man alles nicht beschreiben. Es war schön und es hat sich gelohnt und für stille Stunden haben wir viel zum „Revuepassierenlassen.“

Mit dem Ehepaar vom Nachbartisch genehmigten wir uns in der Skybar noch einen Absacker, diesmal ein Bier und um 2 Uhr war dann wirklich Bettzeit.

… und zum Schluss noch

Mittwoch, 30.8.2006

Normale Zeit zum Frühstücken und  um 8.30 wurden wir wieder mit einem kleinen Bus mit den 4 anderen Personen, die auch mit uns angekommen waren, zum Moskauer Flughafen gebracht. Julia geleitete uns noch bis zum Check-In. Kofferservice klappte auch und dann hatten wir nur noch auf unseren Abflug zu warten, der sich allerdings mehr als 1 Stunde verzögerte, so dass wir erst nach 12 Uhr abflogen. Der Flug war kurzweilig und in Frankfurt klappte es so prima, Gepäck vom Band, im Eilschritt zum Bahnhof, Rolltreppe runter, der ICE fuhr um 14.15 ein und um 15.30 Uhr waren wir – mittels Taxi von Siegburg – wieder zu Hause.

Fazit: Eine schöne, eine interessante Reise mit vielen, vielen neuen Eindrücken, nicht nur optisch. Ich denke, wir werden noch lange daran denken und alles erst mal mental verarbeiten müssen.

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