Pfingst-Montag, 31. Mai 2004
Um 9 Uhr holte uns ein für 50 Personen geeigneter Bus vor dem Hotel ab und startete mit uns zur bis 12.30 Uhr dauernden Stadtrundfahrt auf den beiden Donauseiten. Angekündigt war, daß wir zweimal aussteigen – im Stadtwald bzw. auf dem Gellértberg
Erst war der Stadtteil Pest angesagt. Am Heldenplatz – einem Meisterwerk des ungarischen Historismus – erklärte uns Herr Alexander an Hand der hier aufgestellten Steinfiguren die Geschichte Ungarns.
Sie ist festgehalten im Millenniumsdenkmal mit den steinernen Figuren der sieben magyarischen Stammesfürsten und ungarischen Könige. Auf der Achse zur Andrassy út steht auf einer 36 m hohen korinthischen Säule der Erzengel Gabriel, der nach der Legende dem Staatsgründer Stephan I. im Traum erschien, um dem König feierlich die Krone zu überreichen. Die Statue bekam auf der Weltausstellung 1900 einen Grand Prix verliehen. Um ihren Sockel sind die Stammesführer postiert. Auf den Eckpfeilern thronen allegorische Bronzestatuen.
Von 896, der Landnahme, geführt von Árpad, als sieben Magyarenstämme das Karpatenbecken besetzten, bis 1867, der Geburtsstunde der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn reichen die Erklärungen.
Anschließend machen wir einen kleinen Spaziergang in den unmittelbar daneben gelegenen Stadtwald, um ein Kuriosum zu bewundern. Auf einer künstlichen Insel erhebt sich die romantische Anlage der Burg Vajdahumyad, die 1896 als Demonstrationsobjekt traditioneller ungarischer Baustile von Ignác Alpár konzipiert wurde. Alle nur denkbaren Stile, von Romanik bis Barock, sind hier vereint.
Weiter fuhren wir nun zum Stadtteil Buda und gingen die letzten 80 ? Stufen zu Fuß zur Burganlage hinauf. Besichtigten die Matthiaskirche, benannt nach Matthias Corvinus. Erbaut wurde sie um 1250 als Liebfrauenkirche der deutschen Bürger Budas, im 15. Jahrhundert wurde sie zu einer dreischiffigen gotischen Hallenkirche ausgebaut. Aus dieser Zeit ist das südliche Marienportal erhalten. Die von den Türken als Moschee genutzte Kirche wurde nach der christlichen Rückeroberung im Barockstil erneuert. Lediglich zwei Krönungszeremonien fanden in dem auch „Krönungskirche“ genannten Gotteshaus statt, 1867 für Franz Josef I und für seine Frau Sissy – was ganz ungewöhnlich war, da die Frauen nicht am selben Tag gekrönt wurden und die Krone nur ihre Schulter berührte; nicht so bei Kaiserin Sissy. – 1916 die zweite Krönung für Karl IV.
Ihr neogotisches Äußeres erhielt die Matthiaskirche nach den historisierenden Vorstellungen von Frigyes Schulek 1874 – 96. Auch das bunte Majolikadach entstand nach seinen Entwürfen und erinnerte mich stark an den Stephansdom in Wien. Hat man sich an die im Inneren herrschende Dunkelheit gewöhnt, erkennt man die feine, nach alten Vorlagen von Bertalan Székely und Károly Lotz geschaffene Wandbemalung. Die Bilder halten Stationen der ungarischen Geschichte fest.
Von der Basilika spazierten wir zu der unmittelbar vorgelagerten Fischerbastei, eines der häufigsten Postkartenmotive. Von der romantischen Aussichtsterrasse mit gewaltigen Mauern und mehreren Türmen hatten wir einen phantastischen Blick auf den unteren Teil von Buda, auf die Zwiebelkuppel der größten Synagoge Europas, die Donau mit ihren 9 Brücken und den Stadtteil Pest. An einem ehemaligen Kloster, in dem heute mit geschmacklosem Anbau das Hotel Hilton untergebracht ist, kehrten wir im nahegelegenen Gasthof „Zum Schwarzen Raben“ ein. Manfred aß Bauernkotelett mit Bratkartoffeln und ich Gänseleberrisotto und da es sehr warm war, gönnten wir uns nur Wasser zum Trinken.
Frisch gestärkt spazierten wir durch das malerische Burgviertel, warfen Blicke in hübsche Innenhöfe, sahen den Einstieg in das unterirdische Labyrinth, kamen am imposanten Matthiasbrunnen, der von Alajos Stróbl 1904 mit einer Jagdszene gestaltet wurde, vorbei und einige wenige nahmen das Angebot von Herrn Alexander an, eine Führung in der Ungarischen Nationalgalerie – die im Burgpalast untergebracht ist – mitzumachen. Es war sehr interessant. Das Museum umfaßt die Sammlung aller Epochen bis zur Moderne – angefangen bei den Werken der Meister aus dem 11. Jahrhundert.
Bei dieser Fülle an Werken beschränkte sich unser Reiseleiter auf die Schwerpunkte: ungarische Geschichtsmalerei, Realismus und Impressionismus. Wobei wohl der bekannteste Maler des späten Impressionismus Ferenczy Károly war und Pál Szinyei Merse beschäftigte sich auf eigenwillige Weise mit der Pleinairmalerei. Sein Hauptwerk „Frühstück im Freien“ (1872-1873) zählt zu den Spitzenleistungen der europäischen Kunst, konnten wir ebenfalls bewundern.
Treffpunkt war auf der Aussichtsterrasse unter dem Reiterstandbild von Prinz Eugen von Savoyen. Auf dem Weg zur Standseilbahn kamen wir an dem prächtigen barocken Prunktor vorbei. Hier , den Blick zum Fluß gewandt, thront der sagenumwobene Turulvogel wie ein Torwächter auf einer Säule, das Schwert König Árpáds in den Klauen.
In ein paar Minuten waren wir mit der Seilbahn, die 1870 eröffnet wurde und eine Steigung von 48 % überwindet, unten an der Donau. An dem 1975 von Miklós Borsos geschaffenen Kilometerstein Null, Ausgangspunkt für die Entfernungsmessung in ganz Ungarn, gingen wir vorbei zur Straßenbahn, fuhren 2 Stationen und dann 4 Stationen mit der Vorortbahn zu unserem Hotel – vorbei an der doppeltürmigen barocken Sankt Annen-Kirche (1740-62), die zu den schönsten Barockbauten des Landes zählende Kirche, an der kleinen Markthalle vorbei, daneben stehen das mit Allegorien der vier Jahreszeiten geschmückte Haus Nr. 3 von 1795 und die Rokokofassade des einstigen Gasthofs „Zum Weißen Kreuz“, in dem Kaiser Joseph II. und Casanova logierten, Herr Alexander zeigte uns noch das Geburtshaus von Ignác Semmelweis (1818), dem Entdecker des Kindbettfiebers.
Prima war, wir bekamen am ersten Abend eine Wochenkarte für die Verkehrsmittel von Budapest, so daß wir auch bei Alleingängen keine Probleme mit dem Fahrkartenlösen hatten.
Die Zeitplanung von Herrn Alexander war hervorragend. Um 18.15 waren wir im Hotel, Zeit für mich 20 Minuten im 38 Grad warmen Thermalbad zu liegen um dann frisch „gestylt“ um 19.15 zum Abendessen ins Lokal „Zum Anker“ in Óbuda zu spazieren.
1 Glas Sekt, Palozensuppe (Gemüsesuppe mit etwas Fleisch) Schweinebraten mit Käse und Spargel, Kaffee und 1 Glas Wein beeinhaltete das Menü. Da Manfred und ich den berühmten Marillenschnaps probieren wollten, bestellten wir zwei Gläschen und mußten dafür umgerechnet ca 8 Euro bezahlen.