9. Tag
Cheops-, Chefren-, Mykerinos-Pyramide, Sphinx von Giseh
Vom Restaurant Mövenpick hatten wir keine weite Anfahrt auf das Kalksteinplateau, auf dem sich die Pyramiden erheben.
Wie heißt es im Fremdenführer:
„Die drei großen Pyramiden von Cheops, Chephren und Mykerinos entstanden zur Zeit des Alten Reiches, 4. Dynastie, 2723 – 2563 v. Chr. und gelten als Höhe- und Endpunkte in der Entwicklungs-geschichte königlicher Grabmäler vom Mastabagrab über Stufen- und Knickpyramide zur nun ausgereiften, sterometrisch vollkommenen Form.
Alle stehen an der Grenze vom Fruchtland zur Wüste. Dort, wo nach altägyptischer Auffassung das Totenreich beginnt, im Westen. Jeder Pyramidenanlage lag ein bestimmtes Schema zugrunde: am Nil, der damals noch bis zum Wüstenrand reichte, ein Taltempel, vor dem die Beisetzungsboote mit Leichnam, Grabbeigaben und Trauergefolge anlegten, ein gedeckter Aufweg zum Totentempel vor der Pyramiden-ostseite und ein Eingang in das Bauwerk, meistens von Norden her.“
Zur Vorbereitung der Reise habe ich das Buch “Das Rätsel der Pyramiden“ von dem Naturwissenschaftler Kurt Mendelssohn, Professor an der Universität von Oxford gelesen.
Er vertritt eine ganz andere These:
Durch die Feststellung, dass manche Könige zwei Pyramiden für sich erbauen ließen, stellt er in Frage, ob sie tatsächlich der Beisetzung dienten oder ob nicht in erster Linie politische Ziele damit verfolgt wurden: Pyramiden mussten gebaut werden, um eine neue Gesellschaftsform, den Staat, zu schaffen.
Die Pyramiden waren die erste wirklich große Gemeinschaftsaufgabe einer frühen Hochkultur, die Zigtausende von Arbeitern aus verstreuten Gebieten beschäftigte und zu einer großen Siedlungsgemeinschaft am Nil integrierte, die dann der ägyptische Staat werden sollte.
Auch ein Aspekt.
Zu den Pyramiden selbst nur soviel, dass König Cheops der Erste war, der das erhöhte Felsplateau von Giseh für den Bau seiner Pyramide aussuchte. Steinbrüche der Umgebung lieferten einen Großteil des Materials. Doch wurden im ganzen Land Steine für Pharaos Grab gehauen – insgesamt 2,5 Millionen Kubikmeter. Ein Kanal, der vom Nil zum Pyramidenareal führte, erleichterte den Transport. Nachdem der Baugrund nivelliert war, wurden die durchschnittlich 1 t schweren Blöcke aufeinander getürmt. Wie, ist bis heute nicht zufriedenstellend geklärt. Rampen und sogenannte Wackelsteine, mit deren Hilfe die 1,5 m hohen Blöcke eine Steinlage nach oben geschaukelt werden konnten, dienten als einfache Hilfsmittel. Sie erreichte eine Höhe von 146,6 m. Nachdem sie ihrer äußeren Verkleidungsschicht beraubt wurde, ragt sie nur noch 137 m in den Himmel.
Vor der Pyramide hat man ein Museum für das Totenschiff Cheops errichtet.
Die Chephren-Pyramide wirkt trotz der geringeren Höhe von 136,5 m, ursprünglich 143,5 m, aufgrund ihres erhöhten Standplatzes größer als die des Cheops. Im Basisbereich sind Reste der Ummantelung aus Rosengranit erhalten, für die Verkleidung der oberen Partien nutzte man weißen Kalkstein. Die unteren Lagen wurden z.T. aus dem gewachsenen Fels gearbeitet.
Eine knapp unter dem Bodenniveau angelegte Grabkammer ist an die Stelle der wesentlich komplizierteren Kammersysteme älterer Pyramiden getreten. Diese Pyramide kann man auch begehen.
Hier oben pfeift ein unangenehmer Wind und die Händler sind so was von aufdringlich, schrecklich.
Wir fotografieren die drei Pyramiden wie die Weltmeister und ich bummele etwas den Hang abwärts, unterhalb der Cheops-Pyramide gibt es noch die Gräber von Kar und Idu, die Pyramiden der Königinnen, Cheops Mutter und zwei seiner Gemahlinnen, und das Grab Meresanch III. Ob es nun dieses Grab war oder ein anderes, es ist mir noch gelungen – gegen Bakschisch versteht sich – noch ein Grab von innen zu besichtigen. Genauso schmucklos wie das von Ti.
Von dieser Stelle kann ich auch den Hinterkopf des Spinx fotografieren.
Um 14.30 Uhr fährt uns der Bus das Stückchen noch hoch zur
dritten Pyramide, der Mykerinos-Pyramide. Sie erreichte eine Höhe von 65,5 m, heute nur noch 62 m. Auch sie war bis zur 16. Steinlage mit Granit und darüber mit Kalkstein verkleidet.
Unterhalb dieser Pyramide gibt es noch drei kleine, unvollendete Pyramiden, die wohl für seine Frau und seine 2 Töchter geplant waren.
Nun, um 14.50 Uhr, ist die Weiterfahrt zum Spinx von Giseh.
(Ich habe leichte Probleme mit der “Vermännlichung“ der Spinxfigur, die bisher für mich “die“ Spinx war.)
Der Parkplatz befindet sich etwas entfernt und wir reihen uns wieder in die Heerschar der Besucher ein.
Nach dem Kartenkauf schleust uns Maha durch den Sphinxtempel, der wiederum mit Reliefs geschmückt ist. Hier wird unter anderem die Mumifizierung dargestellt und als Maha die Prozedur erklären will, war nur Ungeduld in der Gruppe zu spüren und sie reagierte beleidigt.
Ein paar Stufen hoch und wir stehen – nicht weit entfernt – vor dem Sphinx.
Enttäusch? Ja!
Wir hatten es uns aus Beschreibungen ganz anders vorgestellt:
Man geht ein langes Stück durch die Wüste und sieht dann vor sich das Monument des Spinx ganz alleine aufragen.
Tatsache:
Bis dicht daran ist gebaut, da sind Mauern und die Figur wirkt keineswegs so monumental wie in unserer Vorstellung.
Ein wenig gelästert: Wie ein übergroßes Häschen in der Grube.
Die Fakten sind diese:
„Ein liegender Löwe mit Königskopf wird gerne als Monumentalstatue des Königs Chefren angesehen, was indessen weder bewiesen noch widerlegt worden ist.
Die Figur ist aus dem gewachsenen Fels herausgehauen und zum Teil mit Blöcken ergänzt. Die Beschädigungen der Kolossalfigur rühren hauptsächlich von den Mamelucken her, die sie als Schießscheibe gebrauchten. Zwischen den Tatzen steht ein kleiner Altar, vor der Brust ein Denkstein von Thutmosis IV.“
„Der“ Sphinx gilt auch heute noch den benachbart wohnenden Arabern als „Vater des Schreckens“. Beeindruckende Maße: Länge 73,5 m, Höhe 20 m, die Tatzen 73 m lang Gesicht 4,15 m breit, der Nasenstumpf fast 2 m, der Mund 2,32 m, ein Ohr 1,37m.
Wie lange der Sphinx noch zu bestaunen ist, ist fraglich, denn es heißt :
„Dem wird das Lachen bald vergehen, denn das nach dem Hochdammbau gestiegene Grundwasser steigt im porösen Gestein auf, blüht aus zu Salz und zerbröselt mit 1 mm pro Jahr den ohnehin weichen Stein, die Gefahr droht, dass der 20 Tonnen schwere Kopf eines Tages herunterstürzen wird.“
„Der Sphinx windet sich vor Schmerzen“, hat unlängst eine Zeitung in Kairo diagnostiziert. „Er erstickt an Autoabgasen, Industrie- und Großstadtsmog, wenn ihm nicht bald und schnell geholfen wird.“
Mir bleibt gerade noch Zeit, in einer Buchhandlung Kunstpostkarten zu kaufen.
Pünktliche Abfahrt war für 15.40 Uhr angekündigt.
Die Rückfahrt nach Kairo, entlang des Bewässerungskanals, ist durch den Wahnsinns-Verkehr langwierig.
Was uns aber noch viel mehr entsetzt ist der Müll. Beide Abhänge des Kanals sind übersät, selbst auf der Wasserfläche staut sich der Unrat so dick, dass teilweise nichts mehr vom Wasser zu sehen ist.