5. Tag
Insel Elephantine – Nubisches Dorf
Schnell sind wir an der Motorboot-Anlegestelle nach Elephantine.
Hier gibt es kein Gedränge und ein Boot steht sofort zur Verfügung.
Über eine breite Treppe gehen wir zum Museum hoch, das wir als erstes besichtigen.
Es ist in der Villa untergebracht, die sich einer der Erbauer des alten Damms hier errichten ließ. Leider ist das Museum sehr ungepflegt, lieblos und die Schätze, die aus der alten Zeit sind, sind auch nicht überragend. Einige Mumien aus ptolemäischer Zeit und Texte der Totenbücher aus derselben Zeit ragen davon noch hervor.
Nach kurzer Zeit verlassen wir den trostlosen Ort und während des Spaziergangs zum Tempel erzählt uns Ahmed wieder die Geschichte der Insel:
„In der Ptolemäer-Zeit entwickelte sich hier auf Elephantine eine bedeutende Siedlung im Gebiet des heutigen Assuan, die der Grenzsicherung diente. Ihren Namen erhielt die Stadt von dem damals schon hoch geschätzten Elfenbein, das wie Gold und Weihrauch aus dem Süden hierher gebracht wurde.
Der vollkommen zerstörte Tempel wird seit 1969 unter Federführung des deutschen archäologischen Instituts in Kairo und dem Schweizer Institut rekonstruiert.
Der Tempel geht auf die 18. Dynastie zurück. Hatschepsut ließ diesen Tempel für Satet, die Herrin des 1. Katarakts und ihren Mann Chnum errichten. Chnum soll hier gelebt haben.
Eine kleine Götterkunde zwischengeschoben:
„Chnum ist der widderköpfige Gott von Elephantine. Er formt auf einer Töpferscheibe die Lebewesen und ihr Ka. Er gilt als Schöpfergott und Bringer der Nilüber-schwemmung. Seine Gemahlin ist die Göttin Satet und deren gemeinsame Tochter ist die Göttin Anuket.
Satet wird als Göttin der Überschwemmung verehrt. Sie galt auch ab dem Mittleren Reich als Hüterin der südlichen Grenze.
Sie steht mit der Nilschwemme in Verbindung, wobei nicht genau geklärt ist ob sie für das Ansteigen oder das Abschwellen der Nilschwemme verehrt wird.“
Eine ausgezeichnete Skulptur der „Kuh-Ohrigen“ Göttin Hathor finden wir gleich zu Beginn im Tempel. Auf den Reliefs können wir sehr schön Hatschepsut erkennen, die sich ja immer in Form eines Mannes darstellen ließ. Sie trug den Bart, da sie nicht die rechtmäßige Nachfolgerin des Throns war. Sie ließ sich göttlich gebären von Gott Amun-Ra. Die zum Teil unvollständigen Reliefs wurden durch Zeichnungen ergänzt, so dass man sich vorstellen kann, wie es einmal war.“
Ahmed warnt uns vor, in Luxor am Hatschepsut-Tempel werden wir mehr von dieser Pharaoin erfahren.
Er zeigt uns die schönste Szene im Tempel:
„Die Göttin Satet, Chnoms Frau, in einem schönen Kleid und der Krone umarmt Hatschepsut.“
Er führt weiter aus, dass Thutmosis III., ein erbitterter Feind von Hatschepsut, ihr Antlitz ausmerzen ließ.
Wir wandern weiter auf dem großen Ausgrabungsfeld zur alten Stadt, die aus ungebrannten Lehmziegeln erbaut war.
Auf unserem Rundgang kommen wir natürlich wieder an einem Nilstandmesser vorbei. Bis ins 19. Jahrhundert wurde das Nilometer, das als das älteste Ägyptens gilt, verwendet und wir wissen bereits aus den Besichtigungen der anderen Tempel, dass nach der Höhe der Überschwemmung die zu erwartenden Ernten und die daraus ermittelten Steuern berechnet wurden. Natürlich steigen wir hinab bis wir nasse Schuhe haben.
Sehr malerisch ist es, dass aus einer Ecke der Insel plötzlich einige Ziegen zu uns stoßen. Und wir haben von hier aus einen wunderbaren Blick auf den 1. Katarakt mit seinen gewaltigen, glatten und seltsam geformten Felsen.
Wir wechseln von hier aus hinüber in das nubische Dorf auf Elephantine. Ahmed klärt uns wieder auf, dass besonders wichtig in dem Dorf die Moschee und die Schule sind. Ohne Planung entstand diese Siedlung. Die bevorzugte Farbe ist blau. Ahmed macht uns auf Teller an der Eingangstüre aufmerksam: Sie weisen daraufhin, wie großzügig die hier lebenden Menschen sind. Andere Plaketten machen auf die Hochzeit aufmerksam, wieder andere verkünden, dass der Bewohner in Mekka waren, wann und mit welchem Verkehrsmittel.
Wir sind in einem Haus zum Tee eingeladen. Selbstverständlich ist es hier sehr ordentlich und wir können sowohl Küche wie Schlafräume, Vorratsräume und Bad besichtigen. Alles ist in kräftigem Blau gehalten. Eine Besonderheit: Als Haustier 2 kleine Krokodile im Käfig.
Sachen gibt es: Hier in diesem Haus ist zur Zeit eine Holländerin auf unbestimmte Zeit zu Besuch. Sie ist an den Rollstuhl gefesselt, in dem engen Haus ist ein Fortbewegen damit aber nicht möglich, also behilft sie sich mit einem Skatbord auf das sie sich legt um von Zimmer zu Zimmer zu gelangen. Seit 22 Jahren kennt sie diese Familie, kommt jedes Jahr und fühlt sich hier ausgesprochen wohl.
Was uns schockt ist der Dreck, der Unrat der vor jeder Haustüre liegt, auf den Straßen und Plätzchen. Unmengen neugieriger Kinder umlagern uns. Wir können noch einen Blick in einen „Supermarkt“ werfen. Sehenswert.
Mein lieber Mann, dem es nicht so gut ging, hat sich den Rundgang durch das nubische Dorf gespart und ich muss im Nachhinein sagen:
Es war gut so für ihn.
Wenn ich ehrlich bin, ich bin froh als wir zur Bootsanlegestelle zurückkommen und um 12.40 Uhr wieder mit dem Motorboot zu unserem Schiff fahren.