1. Tag: Sonntag, 23. Oktober 2011

Santiago de Compostela – Noia – Muro – Kap Fisterra

Schon um 7.10 Uhr startet die Maschine der Air Europa mit uns vom Flughafen Teneriffa Süd. Nach zwei Stunden 40 Minuten Flugzeit – eine Stunde Zeitverschiebung – landen wir um 10.50 Uhr Ortszeit  in Santiago de Compostela. Gepäck haben wir schnell und am Eurocar-Schalter bekommen wir für den bei TUI Cars bestellten Mietwagen, nach kurzer Wartezeit, die Papiere ausgehändigt. Wir lassen mich noch als Mitfahrerin für einen Kostenpunkt von 48.- Euro eintragen und finden sofort unseren knallroten, fast neuen Polo, der gerade mal 1.100 km gelaufen hat, in der Tiefgarage.
Elisabeth übernimmt das Fahren und  schnell – Sonntag – sind wir – bei Nieselregen und 17°C Grad –  im Zentrum von Santiago de Compostela. Ein Hinweisschild „Parador de los Reyos Católicos“ reicht aus, um das älteste Hotel der Welt, das 1498 als Hospiz angelegt wurde, ohne Umwege zu finden. Als „Privilegierte“ können wir bis auf den Kathedralenplatz fahren, an dem sich der Parador befindet.
Eingecheckt, Garage bestellt, unser Auto wird für uns geparkt und so können wir kurz nach 12 Uhr an der Pilgermesse in der Kathedrale teilnehmen.
Hier in der Kathedrale endet die Pilgerreise auf dem Jakobsweg. Ziel der Gläubigen ist das Grab des Apostels Jakobus (span. Santiago Apóstol)  bzw. die Apostelfigur in der Capilla Mayor über dem Grab, die am Ende der Reise umarmt wird.
Hatten wir befürchtet, vor lauter Menschenmengen nicht mehr in die Kathedrale zu kommen, so ist dies umsonst. Zwar sind noch einige Pilger mit ihren Rucksäcken anwesend, jedoch, man merkt also schon hier, es ist absolute Nachsaison.
Nach der Messe reihen wir uns in die Schlange ein, um im Chorumgang die silberne Büste des Apostels Jakobus zu berühren und in der Krypta, unter dem Hauptaltar, die schöne Silberurne pflichtgemäß zu bestaunen, in der sich die Überreste des Apostels befinden sollen. Er gilt als Symbolfigur für die christliche Rückeroberung Spaniens.
Den riesigen Weihrauchkessel, den berühmten Weihrauchwerfer,  der bei liturgischen Feierlichkeiten auf spektakuläre Weise durch das Querschiff bis in die Höhe der Kuppel geschaukelt wird (und wohl auch dazu dient, die „Gerüche“ der Pilger zu übertünchen), können wir nicht in Aktion erleben.
Ein kurzer Rundgang in der Kathedrale – reinste Frühromanik –  und um die Kathedrale – deren Bau 1075 begonnen wurde und  im 16. und 17. Jh. von außen umgestaltet wurde –  bei Sturm und Regen Einkehr in einer kleinen Bar zum Café. Dort beschließen wir, trotz des Wetters, unsere geplante Tour zum „Ende der Welt“ heute durchzuziehen.

Also, um 14.15 Uhr Auto kommen lassen und nach einem kleinen Umweg haben wir die Straße erwischt, Nr. 543,  die uns zur Förde von Muros und Noia – der „Ría de Muros y Noia“  bringen soll.
Erstmal wird Noia angepeilt. Autobahn und Landstraße gehen nahtlos ineinander über. Kaum ein Fahrzeug, dafür mit Eukalyptusrinde und Blätter übersäte Straßen, Sturmböen und es regnet wie aus Kübeln.
Nein, in Noia können wir wegen des Wetters nicht aussteigen. Schade! Es hat einen schönen mittelalterlichen Ortskern, der uns nun verborgen bleibt.
Weiter am Meeresarm des Atlantik, der Ría, entlang, den „ertrunkenen Flusstälern“, den Förden. Sie sind infolge des Meeresspiegelanstiegs oder durch Landabsenkung vom Ozean überflutet worden und ziehen sich teilweise weit, weit ins Landesinnere hinein und werden zum Teil von schönen Brücken überspannt.
Der nächsten Ort – nachdem wir rechts einen spektakulären Wasserfall gesehen haben – ist Muros. Darüber haben wir gelesen „seemännisches Flair“. Leider bekommen wir davon nichts, aber auch gar nichts mit. Unser kurzer Spaziergang bis zum Hafen beschert uns am laufenden Band umgestülpte Regenschirme, Elisabeths Schirm gibt den Geist auf,  der Wind und Regen peitscht um unsere Beine und wir sind froh, nach Befragung, überhaupt um 15.30 Uhr ein offenes Restaurant  „El Muelle“ zu finden. Natürlich bestellen wir uns als eine der Vorspeisen „Pimientos de Padrón“, die kleinen, grünen Paprikaschoten, die gebraten werden. Denn: Wir haben unterwegs das Hinweisschild auf den Ort „Padrón“ gelesen, der diesem Gemüse seinen Namen gibt. Unterschiedliche Muscheln runden das „Mahl“ ab.
Nun geht es auf der Landstraße 550 weiter. Unterwegs sehen wir bei fast jedem Haus die berühmten „horreos“, die eigenartigen Bauten auf Steinstelzen, die zum Trocknen und Reifen von Mais dienen.
Raus aus dem Auto, ein Foto, rein ins Auto, Kamera trockenreiben und weiter.
In Carnota befindet sich wohl der Größte seiner Art. Er ist 35 Meter lang.
Nicht zu fassen, in Carnota nieselte es nur und so können wir fast trocken zum „horreo“, dicht bei der Kirche und dem Friedhof  spazieren.
Beeindruckend! Beides!
Malerisch auch die ganze Umgebung, das Pflaster und die in den Boden eingelassenen Grabsteine rund um die Kirche glänzen in ihrer Nässe. Die die Straße säumenden Kamelienbäumchen sind voller Blüten.
Und:
Kaum sind wir im Wagen, gießt es wieder.
Und weiter geht die Fahrt mit Sturm und Regen.
Cabo Finisterre oder auch Cabo Fisterra – Kap Fisterra –  ist unser angesagtes Ziel. Hierhin wollen wir unbedingt,  gilt es doch unter den Römern als „Das Ende der Welt“, Finis Terrae“.
Die Straße schlängelt sich an der Küste entlang, vorbei an der nächsten Förde, der Ría de Corubión. Es ist die am besten geschützte Förde und der westlichste Punkt der Pyrenäenhalbinsel. Wir durchfahren die Orte Cee und Corubión und die Straße führt uns direkt zum Parkplatz am Kap.
Wir glauben es fast nicht: Es hat aufgehört zu regnen! Und, die Krönung: Über dem Meer scheint ganz zaghaft die Sonne!
Wir fühlen uns als Glückskinder!
Wir befinden uns an einem geschichtsträchtigen Ort: Bis nach Finisterre reicht die Milchstrasse, der Weg der Sterne, der sich in der Frühgeschichte als Verkehrsweg der Zivilisationen vom Atlantik zum Mittelmeer etablierte.
Und da man bis zur Entdeckung Amerikas davon ausging, dass die Welt eine Scheibe sei, stand fest: die Sonne geht im Osten auf und versinkt im Westen im Atlantik. Also hier!
Vom Leuchtturm ab stürzen die Klippen steil ins Meer, das viele Schiffbrüche erlebt hat, die einer im Westen liegenden, zerklüfteten Felseninsel,  Centolo de Fisterra, zu verdanken sind.
Kein Wunder, dass sich zwischen dem Kap Fisterra und der Punta Roncudo die raue Costa da Morte erstreckt.
Eine deutsche Pilgerin erzählt uns, dass sie in ihrer 6 wöchigen Wanderung von den Pyrenäen über Santiago de Compostella  bis hierher erst heute den Regenumhang benötigt. Wie tröstlich für uns?!?
Nach diversen Fotos bei km 0,00, Blick in die Tiefe und die Weite treten wir gegen 18 Uhr  auf dem selben Weg die Rückfahrt entlang der Rías Baixas, der „Untere Förden“ an. Wir wollen keine Experimente eingehen und einen neuen Weg zurück suchen.
Wir haben für 20.30 Uhr im Restaurant des Paradors einen Tisch bestellt und glauben uns von der Zeit her auf der sicheren Seite.
Jedoch: Die Rückfahrt verläuft genauso ungemütlich wie die Hinfahrt und da wir nun von einer anderen Seite nach Santiago de Compostela reinfahren, treffen wir zwar auch auf ein Hinweisschild zum Parador, jedoch bringt dies uns leider kein bisschen weiter, da wir irgendwie im Kreis fahren und stets auf Einbahnstraßen stoßen. Nach Fragen und letztendlich durch Elisabeths Intuition erkennen wir dann das Gebäude von der Anfahrt wieder und kommen dann um 20.15 Uhr im Hotel an.
Geduscht, „fein gemacht“ und um 21 Uhr, nach diesem erlebnisreichen Tag, haben wir das vorzügliche Degustationsmenü, das uns in kleinen Portionen die Vielfalt der galizischen Küche darbringt, mit einer guten Flasche Weißwein aus der Region genossen und es ist der krönende Abschluss.

Zum 2. Tag   Zurück zum Anfang